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Bilder zur Erinnerung in der Zukunft

Irsee / Kaufbeuren

Bilder zur Erinnerung in der Zukunft

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    Am 30. September vor 130 Jahren starb Xaver Degenhardt. Der Schreinermeister aus Irsee war keine Person des Öffentlichen Lebens, dennoch ist er nicht aus der Erinnerung geschwunden: "Früh, ach, bist du uns entrissen, Theuerster. Werth, dass Thränen um dich fließen." So gedachten nämlich die Verwandten des Verstorbenen auf einem Sterbebild. Und dieses ist wiederum Bestandteil einer großen Sammlung von Franz Abfalter aus Irsee.

    Eher ein Nebenprodukt

    Der 67-jährige Rentner hat sich bereits als Sammler historischer Postkarten einen Namen gemacht und hält dazu auch Vorträge. "Die Sterbebilder sind als Nebenprodukt bei der Postkartensammlerei angefallen", erzählt er. Die sogenannten Totenzettel werden zumeist im Rahmen einer Totenmesse ausgeteilt und sollen den Trauergästen das Leben des Verstorbenen darlegen. "Es sind Erinnerungsbilder an einen Verstorbenen, die ihn später in die Gegenwart zurückholen sollen", erklärt Adolf Nießner, katholischer Stadtpfarrer in Kaufbeuren.

    Die Geschichte der Totenzettel geht bis in das 17. Jahrhundert zurück und hat ihren Ursprung wohl in Holland. Auf den zwei- oder vierseitigen DIN A6 oder A7-Zetteln wurde das Leben des Verstorbenen in Kurzform ausgebreitet, wobei seine Religiosität hervorgehoben wurde. Dazu kamen Zitate aus der Bibel, die den Hinterbliebenen Trost spenden sollten, und Bildchen mit religiösen Szenen. Die Ausführungen waren je nach räumlicher Herkunft verschieden und unterlagen zeitlich den jeweiligen Moden. Denn im 19. Jahrhundert verbreiteten sich die Sterbezettel im gesamten Europa und etwa um 1840 auch in Bayern. "Früher hatten die Motive mehr christlichen Inhalt, heute sind eher Landschaften oder stimmungsvolle Bilder zu sehen", weiß Pfarrer Nießner. Dazu kamen Farbmotive und die Qualität wurde zudem von Umständen wie Kriege oder Wirtschaftskrisen geprägt.

    Interessante Einblicke

    Abfalters Sammlung vornehmlich Allgäuer Bilder geht gegen Ende des 19. Jahrhunderts los. Sie bietet einen interessanten Einblick in das soziale Gefüge der Region. Denn neben den Namen sind Beruf, Ehrungen oder die Zugehörigkeit zu Kirche oder Militär vermerkt. Und "Hochwohlgeborene" gehörten zu besseren Kreisen. Zudem sind Verwandte angegeben oder die Todesursache: Krankheit, durch "Mörderhand" oder im Krieg. Für Irseer Bürger kann Abfalters Sammlung eine Fundgrube sein, denn viele Akten sind verloren oder in Augsburger Archive abgegeben worden.

    "Ich sammle die Bilder nicht nur für mich, sondern auch für Irseer, die nach Angehörigen forschen wollen", erläutert Abfalter. Aber es sei mühselig, die Totenzettel zu registrieren, so Abfalter. Zwei Ordner überließ er der Gemeinde, andere Zettel hat er geordnet, doch viele liegen noch unsortiert in Kartons.

    Neben der Ahnenforschung gab es für Gläubige noch einen praktischen Nutzen. "Früher hatte jeder sein eigenes Gebetsbuch in der Kirche. Da wurden die Sterbebilder eingelegt. Bei jedem Gottesdienst war dann die Erinnerung an den Verstorbenen präsent", so Nießner.

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