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Bevor Rocky und Walter den Auerberg hoch ziehen

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Bevor Rocky und Walter den Auerberg hoch ziehen

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    Hofen/Bernbeuren (dec). - Vom Führerhaus des Lkws in den Sattel eines Schlachtrosses. Dieser Herausforderung stellt sich Walter Klöck einmal im Jahr. Immer kurz nach Ostern nämlich verwandelt sich der 34-Jährige Kraftfahrer mit den blauen Arbeitshosen in den heiligen Georg. Bewehrt mit prunkvoller goldener Rüstung und Schwert schwingt sich der Hofener dann in den Sattel seines 'Streitrosses' - des Süddeutschen Kaltblut-Schimmels Rocky. Zusammen führen sie den traditionellen Georgiritt auf den Auerberg an. Vorher treffen sich Ross und Reiter jedes Jahr ein paar Mal, um sich wieder zu beschnuppern. Normalerweise hat Walter Klöck aus Hofen bei Stötten wenig mit Pferden zu tun. 'Ich bin früher öfter geritten, aber mittlerweile nur noch vor dem Georgiritt', erzählt er. Fünf bis sechs Mal vor dem großen Ereignis trifft er auf sein 'Schlachtross'. Damit beide sich wieder ein bisschen aneinander gewöhnen. Immerhin trägt der heilige Georg eine funkelnde und klappernde Rüstung. Diese zieht Klöck über seine Arbeitsklamotten und nähert sich damit dem mächtigen weißen Pferd. Der Reiter klappert ein wenig mit den losen, metall beschlagenen Lederbändern. Das Pferd schnuppert ein bisschen. Und schon ist die erste Annäherung in aller Seelenruhe gelaufen. Nun bekommt der sechsjährige Kaltblutwallach Rocky, der übrigens Max Sprenzel, dem Vorsitzenden des Georgiritt-Vereins Bernbeuren gehört, seinen Sattel aufgelegt. Dieser und das kunstvolle Zaumzeug für den St. Georgsritt befinden sich seit 1927 im Vereinsbesitz. Geduldig lässt der mächtige Schimmel - der heilige Georg braucht laut Sprenzel einen Schimmel - die Prozedur über sich ergehen.

    Dass Rocky mit seinen braunen Punkten eigentlich ein so genannter Fuchstiger ist, wird seiner stattlichen Erscheinung am morgigen Sonntag beim großen Auftritt keinen Abbruch tun. Bevor er soweit ist, schwingt sich Walter Klöck aber zu seinem ersten Proberitt 2006 in den Sattel. Das ist mittlerweile seine einzige Vorbereitung. 'Wäre der Ritt nicht dreimal ausgefallen, würde ich heuer zum zehnten Mal reiten. Da bekommt man Routine', erzählt der 34-Jährige. Nervös sei er daher nicht mehr. Allerdings könne es mit Pferden durchaus immer mal wieder Probleme geben - zum Beispiel wenn sie erschrecken oder bocken. Gerade im Frühjahr seien die Rösser manchmal übermütig. 'Aber normalerweise passiert nichts. Die Tiere sind relativ gutmütig. Außerdem habe ich einen guten Pferdeführer', sagt Klöck und weist auf Franz Sprenzel, den jüngeren Bruder von Vereinsvorstand Max Sprenzel. Er wird Rocky samt heiligem Georg am Sonntag auf den Auerberg führen und ist auch bei den vorhergehenden Ausritten der beiden dabei. 'Ich bin in der Rüstung zu unbeweglich, um alleine zu reiten', nennt Klöck die Gründe für die Begleitung. Die Rolle des heiligen Georg übernahm der 34-Jährige ohne großes Aufhebens von seinem Vorgänger Florian Brugger. 'Er wollte es nicht mehr machen und hat mich vorgeschlagen. Ich hab den Posten übernommen, weil der Georgiritt am Auerberg eine Ehrensache ist', erzählt Klöck. Am Anfang habe er es noch toll gefunden, als jeder ihm beim St. Georgsritt zugewunken habe. 'Daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Jetzt bin ich eher begeistert von dem immer wieder schönen Tag an sich', schildert der 'Heilige' seine Eindrücke hoch zu Ross. Ist der traditionelle Ritt am Sonntag nach Ostern vorbei, wird die goldene Rüstung wieder für ein Jahr in Zeitungspapier verpackt und Walter Klöck tauscht den Pferderücken und das edle Ritter- beziehungsweise Märtyrertum wieder mit seinem Lkw.

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