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Bergwelten in der Oberstdorfer Villa Jauss

Ausstellung

Bergwelten in der Oberstdorfer Villa Jauss

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    Bergwelten in der Oberstdorfer Villa Jauss
    Bergwelten in der Oberstdorfer Villa Jauss Foto: charly ha¶pfl

    Wer heute mit der Seilbahn aufs Nebelhorn fährt, denkt wohl kaum darüber nach, wie mühevoll die Wintererstbesteigung dieses Berges bei Oberstdorf im Jahr 1901 gewesen sein muss. An zwei Männer, die sie geschafft haben, erinnert die Ausstellung 'Bergwelten' im Oberstdorfer Kunsthaus Villa Jauss: Fritz und Eugen Heimhuber.

    Die beiden wagemutigen Sonthofer Brüder gingen nicht nur als Skipioniere in die Geschichte des Allgäus ein, sondern auch als Fotografen. Hielten die Söhne des 'Königlich-Bayerischen Hofphotographen' Josef Heimhuber doch neben ihren eigenen Touren im Hochgebirge und den zum Teil atemberaubenden Ausblicken, die sich dabei boten, für den Familienbetrieb auch viele Menschen und Ereignisse in der Region mit der Kamera fest.

    Eine Auswahl dieser historischen, meist um 1900 entstandenen Fotografien geht nun in der Villa Jauss über den dokumentarischen Wert hinaus eine beziehungsreiche Verbindung mit rund 100 Jahre jüngeren Skulpturen von Michael Vogler ein.

    Der 1962 geborene Immenstädter Bildhauer rückt in seinen Arbeiten ebenfalls Landschaft und Menschen der Region in den Mittelpunkt – geradlinig und die Gegenwart durchaus kritisch im Blick. So ergeben sich reizvolle Parallelen oder Gegensätze.

    Mühsame Anstiege bewältigt

    Darüber hinaus ist Michael Vogler – wie Fritz und Eugen Heimhuber – jemand, der auch mühsame Anstiege zu bewältigen weiß: Unendlich weit scheint die Strecke, die ein kleiner mit Krücken humpelnder Mensch auf einem in die Höhe aufragenden Holunderast bereits erklommen hat, weg von jenen zertrümmerten Autos in der Talsohle, die den Ausgangspunkt der Wanderung bilden. Aber weit scheint auch noch der Weg zu sein, der vor ihm liegt.

    Sein persönliches Schicksal reflektiert Michael Vogler, der unverschuldet bei einen Verkehrsunfall schwer verletzt wurde, in dieser farbigen Skulptur 'Mensch am Grat der Hoffnung' von 2006. Neben ihr erscheint das aus zwei Heimhuber-Aufnahmen zusammengesetzte schwarz-weiße Breitwand-Panorama der Bergkette bei Oberstdorf von 1909 plötzlich als Sinnbild für das Auf und Ab im Leben.

    Die räumliche Tiefe, die das Fotopanorama aufweist, entwickeln auch aktuelle abstrakte Bergketten-Skulpturen von Michael Vogler: zum einen zusammengesetzt aus hintereinander gestaffelten Holzsplittern, Abfällen seiner Arbeit, zum anderen aus einem einzigen Block geschaffen mit seinem bevorzugten Arbeitsgerät, der Kettensäge, die hier für erstaunlich luftig lockere Ergebnisse sorgt.

    Gerade erst vollendet hat Michael Vogler eine aus verschiedenen Lindenholzblöcken zusammengesetzte Landschaft, die eine Heimhuber-Fotografie von Einödsbach bei Oberstdorf um 1900 unter dem Motto 'Brennpunkt: Alte Zeit' ins Dreidimensionale übersetzt. In ihr wird nicht nur das enorme handwerkliche Können von Michael Vogler deutlich, sondern auch seine Vorliebe für genaue gegenständliche Darstellung.

    Das Bekannte bietet sich dem Besucher dabei manchmal allerdings aus ungewohntem Blickwinkel dar. So kann er in 'Menschen am Wasser' von 2005 Wanderer in der Breitachklamm aus drei verschiedenen Perspektiven beobachten: von der Seite, aus etwas erhöhter Position und von oben.

    Eine der Ansichten ähnelt dabei verblüffend einer Heimhuber-Fotografie von 1905, die den Menschen und seine Brückenkonstruktionen vor den gigantischen Felsenwänden in der tief eingeschnittenen Schlucht fast verschwinden lässt.

    Hintergründiger Witz spricht aus Michael Voglers Bronzeskulpturen, etwa dem 'Kuhchen' von 2004, der die Hinterteile von Kühen mit prallgefüllten Eutern und wedelnden Schwänzen wie Tortenstücke zu einem auf die rein ökonomische Rendite reduzierten Melkkarussell verbindet. Während hier Detailtreue zum Schmunzeln anregt, besticht der einen Hang hinunter flitzende Athlet in 'Super-Ski', dem Bronzeabguss einer Kettensägearbeit von 2005, als stark abstrahiertes Symbol von Geschwindigkeit.

    Es kontrastiert wunderbar zu den Fotografien von den Anfängen des Skisports in Oberstdorf, wie sie die Heimhuber-Brüder Fritz und Eugen festgehalten haben. Sie vermitteln eher den Genuss, den das Dahingleiten auf den Brettern beschert – fast in Augenhöhe mit den Gipfeln der benachbarten Berge. Doch: Wie sind die Männer bloß dort hochgekommen?

    Öffnungszeiten (bis 6. Mai): jeweils donnerstags bis sonntags von 15 bis 18 Uhr.

    'Drei Allgäuer unter einem Hut' hat Michael Vogler 2005 eine Bronzeplastik betitelt. Im Hintergrund eine Heimhuber-Fotografie, die den um 1923 tödlich abgestürzten Bergführer Johann Schöll aus Oberstdorf zeigt. Foto: Charly Höpfl

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