Im Fall des vermissten 24-jährigen Bergsteigers am Hochkalter gibt es noch keine neuen Erkenntnisse. Der bereits seit dem 17. September 2022 vermisste Bergsteiger konnte laut der Bergwacht Ramsau bislang immer noch nicht aufgefunden werden. Allerdings erreichte die Bergwacht selbst in den sozialen Medien eine Vielzahl an Kommentaren. Während die meisten davon lobend, demütig und respektvoll waren, gab es auch einige, die Kritik an dem Vorgehen äußerten. Dazu hat die Bergwacht Ramsau nun Stellung bezogen:
"Warum wir uns eben nicht permanent in Lebensgefahr begeben"
Die Einsatzkräfte waren vor allem einigen Rückmeldungen ausgesetzt, die das Risiko, dem sich die Bergwachtler aussetzen - oder eben nicht aussetzen - kritisierten. In der Stellungnahme, die die Bergwacht Ramsau auf Facebook veröffentlicht hat, wird deutlich, dass Frauen und Männer in der Bergwacht sehr strukturiert und reflektiert mit den Unsicherheiten und Risiken im Einsatz am Berg umgehen müssen. Sie können nicht kopflos unter allen Umständen ihr Leben riskieren. Bergwacht Ramsau:"Wir wollen auf die vielen Kommentare in den Sozialen Medien reagieren und erklären, warum wir uns eben nicht permanent in Lebensgefahr begeben und das hinter unserem Handeln viel Kalkül und Abwägung steckt. Unbestritten ist, dass sich unsere Einsatzkräfte grundsätzlich den Alpinen Gefahren aussetzen, sobald sie zu einem Rettungseinsatz ausrücken. Diese Alpinen Gefahren sind ein gesellschaftlich akzeptiertes Lebensrisiko, können jedoch durch verschiedenste Umstände deutlich verstärkt werden und so die akzeptierten Rahmenbedingungen schnell verlassen." Auf dem Bild vom 22. September 2022 ist der oberste Teil der Hochkalter-Westwand zu sehen. Mitten am steilen, verschneiten und vereisten Hang warten drei Trupps auf die Abholung nach einem Sucheinsatz.
Bergwacht erklärt Risikomanagement
Die Bergwacht Ramsau erklärte zudem, wie die Einsatzkräfte mit dem Risiko, das ein Einsatz mit sich bringt umgehen. Dabei werden drei Schritte im Vorhinein abgewägt:Schritt 1: Risikoreduktion"Wir versuchen immer, das Risiko für unsere Einsatzkräfte zu reduzieren. So setzen wir zum Beispiel bei Steinschlaggefahr einen Helm auf oder sichern uns im Absturzgelände mit Seilen, um nicht abstürzen zu können. Es gibt jedoch auch Risiken, die man nicht weiter reduzieren kann."Schritt 2: Eintrittswahrscheinlichkeit"Ist beim Einsatz der Eintritt einer Verletzung zu erwarten? Muss dazu ein Fehler passieren, wie etwa der Sturz bei der Abfahrt mit Ski oder Stolpern beim Gehen? Es kann jedoch auch vorkommen, dass der Eintritt einer Schädigung unabhängig von unseren Maßnahmen zu erwarten ist, wie man zum Beispiel bei großer Lawinengefahr mit der Selbstauslösung von Lawinen rechnen muss."Schritt 3: Grad der Schädigung"Im letzten Schritt wird die Schwere der zu erwartenden Verletzung mit der Eintrittswahrscheinlichkeit in Verbindung gebracht. Ist das Risiko hoch und nicht weiter reduzierbar, die Eintrittswahrscheinlichkeit fehlerunabhängig und die zu erwartende Schädigung eine schwere Verletzung oder der Tod, so wird der Einsatz auf jeden Fall so lange unterbrochen, bis das Risiko wieder reduziert werden kann."
Einsatz am Hochkalter brachte die Bergwacht "an die Grenze des Machbaren"
Zum Abschluss berichtete die Bergwacht, dass der Sucheinsatz am Hochkalter die Einsatzkräfte "in puncto Risiko-Management mehr als einmal an die Grenze des Machbaren geführt" habe. Zwar sei bei einer akuten Lebensgefahr für den Patienten, ein höheres Risiko für die Einsatzkräfte vertretbar, doch das Handeln der Bergwachtler sei deshalb nie unüberlegt. "So etwas machen wir in der Bergrettung nicht", schloss die Bergwacht Ramsau. Falls das Wetter es zulässt, wird die Suche nach dem 24-jährigen Bergsteiger laut der Bergwacht in der nächsten Zeit wieder fortgesetzt.