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Beispiel Ronsberg: Komplexes Geflecht kommunaler Finanzen

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Beispiel Ronsberg: Komplexes Geflecht kommunaler Finanzen

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    Beispiel Ronsberg: Komplexes Geflecht kommunaler Finanzen
    Beispiel Ronsberg: Komplexes Geflecht kommunaler Finanzen

    Trotz Geldsegens steigen die Schulden Von Vitalis Held Ronsberg Es hört sich wie ein Lotto-Märchen an: Da verfügt eine Gemeinde unerwartet über 2,1 Millionen Euro mehr als normal. Bei einem Haushalt von 3,8 Millionen Euro ein riesiger Batzen Geld. Da heißt es, den Geldsegen gut einsetzen. Und das, so sieht es Bürgermeister Gerhard Kraus, habe er in Ronsberg auch getan. Als 2005 eine überraschende Steuernachzahlung die Marktkasse füllte, investierte er. In die Zukunft der Gemeinde, in die Sicherung von Arbeitsplätzen, wie er betont. Doch nun steigen die Schulden. Das wusste Kraus und das zeigt, wie komplex das System kommunaler Finanzen ist.

    Ronsberg dürfte mehr Arbeitsplätze als Bürger zählen. Bei knapp 1700 Einwohnern bietet die Verpackungsmittelfabrik Huhtamaki alleine 1000 Beschäftigten Lohn und Brot. Hinzu kommen je rund 150 Mitarbeiter in der Metzgerei Bauer und beim Kunststoffunternehmen Bully-Form sowie rund 50 bei Sport Schindele, schätzt der Bürgermeister. Der Rest sind die üblichen Arbeitsplätze: kleine Geschäfte, Handwerksbetriebe, Banken . . .

    Die Großbetriebe laufen gut, weiß Kraus. Das Verhältnis zur 'Firma', wie er Huhtamaki nennt, ist sehr gut. Doch die Firma gehört zu einem finnischen Konzern. Seit 1996 fließt daher am Ort keine Gewerbesteuer mehr von diesem Unternehmen. Auch andere Firmen zahlen nicht unbedingt an dem Ort Steuern, an dem sie produzieren - und der ihnen die Infrastruktur bereitstellt. Die einen investieren, andere haben den Hauptsitz andernorts. Daher muss sich Ronsberg normalerweise mit 800 000 Euro Steuereinnahmen begnügen.

    Zuschüsse fließen

    Vor zwei Jahren jedoch schnellte diese Summe auf 2,9 Millionen Euro hoch. Kraus und der Marktrat entschieden sich damit zu investieren: Wiederholt hatte Hochwasser den Ort bedroht. Gefährdet waren Wohnhäuser und Betriebe. Für den Umbau des Bachbettes (2 Millionen Euro) und den Neubau einer Brücke (1,2 Millionen Euro) als sichere Zufahrt für mehrere Firmen fehlte bisher das Geld. Nun bot sich die Chance zu bauen. Vorteil des frühen Termins: 2006 flossen durch ein EU-Programm die Zuschüsse für Hochwasserschutz schneller und mit 45 Prozent in höherem Umfang.

    Platz 20 bei Steuerkraft in Bayern

    Doch Kraus war auch bewusst, dass diese Rekordinvestitionen den Haushalt belasten. Im kommunalen Finanzsystem wirken Zahlungen oft Jahre nach: Die Rekordsteuereinnahme von 2005 führte dazu, dass Ronsberg mit 1755 Euro je Einwohner auf Platz 20 bei den steuerkräftigsten Gemeinden Bayerns landete, schwabenweit auf Platz 2. Diese Steuerkraft hat der Landkreis im Blick, wenn er 2007 die Kreisumlage von den Kommunen einfordert. Bei 48,1 Prozent wird die Kreisumlage voraussichtlich liegen. Im Klartext bedeutet dies: Ronsberg hat 2005 insgesamt 2,9 Millionen Euro Steuern kassiert, heuer muss der Markt dem Kreis davon 1,4 Millionen abgeben - plus vier Fünftel der Schlüsselzuweisungen, die der Staat 2006 dem ansonsten eher finanzschwachen Ronsberg ausbezahlt hatte. Das macht nochmal 50 000 Euro.

    'Pro Monat überweisen wir heuer rund 120 000 Euro an den Landkreis', rechnet Kraus vor. Die Verschuldung der Marktgemeinde werde bis zum Jahresende möglicherweise von 2,5 auf 4,5 Millionen Euro steigen.

    Hätte man also doch lieber die Schulden abbauen sollen? Das Nein von Kraus ist klar: 'Was nutzt uns Schuldenfreiheit, wenn wir keine Zukunft haben?', fragt er zurück. Früher zählte Ronsberg mehr als 1800 Einwohner, heute sind es zehn Prozent weniger. Früher gab es vier Lebensmittelläden, heute gerade noch einen. Hunderte von Beschäftigten kommen aus den umliegenden Gemeinden. Aber Geld lassen sie kaum im Markt. Früher war eine Hauptschule am Ort, heute nur noch die Grundschule. 'Ronsberg ist für viele nur Arbeitsstätte', weiß Kraus.

    Familienfreundlich zeigen

    Kraus will daher nicht nur die Arbeitsplätze durch Hochwasserschutz sichern, sondern auch die Wohnqualität steigern. Zuzug ist erwünscht, Bauland für junge Familien steht bereit und bei der Kinderbetreuung zeigt sich der Ort besonders familienfreundlich.

    Erste Erfolge, Ronsberg auch als Wohnort ins Bewusstsein zu bringen, kann Kraus schon vorweisen. Vor kurzem zog beispielsweise eine Familie aus Berlin zu. In Mindelheim hatte der Mann eine neue Stelle angetreten. Ronsberg als Wohnort wählte die Familie aber, weil nirgends sonst eine vergleichbar gute Kinderbetreuung zu finden war.

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