Von Manuela Einögg Bolsterlang-Hüttenberg Es ist noch dunkel, als der erste Landwirt seinen mit Filzhut bedeckten Kopf zur Tür hereinsteckt und ein Griaß uib in die Runde brummt. Um 6.30 Uhr beginnt der Arbeitstag von Josef Rasch. Vom Senn, wie er von den Bergbauern, seiner Familie, fast liebevoll genannt wird. Der 23-jährige Josef Rasch ist einer der Käsermeister, der das Leben als Senn dem eines Molkereimeisters in Großkäsereien vorzieht. Milchkannen werden von dem Handwagen gezerrt, der noch vor Sonnenaufgang zur Sennerei in Hüttenberg gezogen wird. Der Mann im roten Karohemd mit Filzhut auf dem Kopf kippt die noch kuhwarme Milch in die Milchwaage. Mit einem Stück Kreide notiert er das Gewicht der Milch auf einer grünen Schiefertafel. Während die Bauern die Milch anliefern, beschriftet Josef Rasch im Verkaufsraum die Tüten für die bestellten Semmeln dieser Landwirte. Mit einem Ciao verabschieden sie sich. Es ist noch so kalt, dass der Atem zu sehen ist, als der Mann mit Karohemd und Filzhut seinen Wagen mit der leeren Milchkanne hinter sich herzieht und in der Dunkelheit verschwindet. Noch bevor die Dämmerung hereinbricht, hat der letzte der elf Landwirte der Sennereigenossenschaft Hüttenberg die wenigen Liter Milch abgeliefert. Jetzt beginnt für den Senner Josef Rasch die eigentliche Arbeit. Er fügt der weißen Flüssigkeit in der Käseküche mit routinierter Bewegung ein Kälbermagenenzym hinzu. Dann muss er einem Mädchen mit Zöpfen und Schultasche eine Brezel verkaufen. Erst um 8.30 Uhr kommt Alexandra, eine von fünf Landfrauen der Genossenschaft, die sich die Schicht im Laden aufteilen. Schon steckt sein Geselle Fritz Jörg den Kopf zur Tür herein: Hasch kurz Zit?. Fritz Jörg ist einer der elf Landwirte, die ihre Milch täglich in Hüttenberg abliefern. Und er ist halbtags in der Sennerei als Geselle beschäftigt. Es macht den Eindruck, als bereite es der großen und durchtrainierten Gestalt mit der braungebrannten Lederhaut wenig Mühe, zusammen mit dem Senner 90 Kilogramm schweren Käselaibe in die hohen Holzregale zu hieven.
Der isch zäh, verrät Josef. Im Allgäu gibts an die 300 Gipfel. Und es gibt koin, auf dem der no it droba war. Im ersten Stock befindet sich ein Raum für die Brotzeit, wenn die Busunternehmen im Sommer die Touristen in die kleine Sennerei nach Hüttenberg karren. Sind die Touristen über den Winter nicht da, läuft das Hauptgeschäft über die Bestellungen, die über Telefon und Internet aufgegeben werden, erklärt Alexandra, während sie eine der Bestellungen in einen Karton verpackt. Josef räumt gleichzeitig die Lieferung an Joghurt und Frischkäse in das Kühlregal, die er zusammen mit den Weichkäsesorten zukauft. Wir können hier nicht alles herstellen, das wäre viel zu viel Arbeit, erklärt er, bevor er lachend zur Tür zeigt. Achtung, da kommt unser Original. Jeden Tag um die gleiche Zeit kommt er, um die neuesten Ereignisse in Hüttenberg zu bereden: Ein Mann mit Fellholzschuhen, Filzhut und blauer Trägerhose steht plötzlich mitten in der Sennküche. Und während er und der Geselle sich in ihrem harten Dialekt amüsieren, verweist Josef auf den Schaum, der in der Mitte des Kupferkessels schwimmt. Des wird a guata Käs, freut er sich. I bin a Rucksackkäser. Immer hab i nach G?fühl ?käst, nie mit ph-Meter oder so am Zuig. Und wenn ma schlecht beinander isch, gibts komischerweise immer den bessera Käs. Seid ihr scho fertig? I muass ja wissa, ob i mein Oldtimer scho aschmeissa muass. Ein alter himmelblauer VW mit einem Tank ist vorgefahren, um die bei der Käseherstellung übrig gebliebene Molke zu tanken. Der Landwirt füttert sie an seine Schweine. Kaum hat er das Geschäft verlassen, hält Fritz zwei Flaschen Bier in der Hand. Nachm Käsa wird angstoßa. Es ist wieder dunkel, als die Landwirte mit Traktoren oder zu Fuß ihre Milch anliefern. Der allabendliche kurze Ratsch ist dabei liebe Gewohnheit. Und die Abschiedsworte: Pfiads aich. Bis morgen.