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Beim Friseur von Miroslav Klose

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Beim Friseur von Miroslav Klose

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    Scheidegg/Oppeln | ado | Nach Polen, auf Spurensuche seiner Vorfahren, machte sich Volker Wollnik. Der 53-jährige Lehrer an der Hauptschule Lindenberg wollte erfahren, wo sein Vater Heinrich und seine Großeltern herkommen. 'Ich wollte wissen: Wo sind meine Wurzeln? Wo komme ich her?', so Wollnik nach der Rückkehr.

    Der Vater, 1908 in Rybnik geboren, war nach den Schicksalsjahren des Kriegs und fünfjähriger polnischer Gefangenschaft aus Ratibor-Hammer nach Coburg in den Westen gekommen, wo er seine zweite Frau kennenlernte und wo auch Volker auf die Welt kam.

    Nie über Vergangenes gesprochen

    Der Vater starb vor neun Jahren. 'Seltsam. Wir haben zu Lebzeiten nie über die Vergangenheit gesprochen. Das bedauere ich heute', sagt Wollnik.

    Mit fünf Werdenfelsern, einer bayerischen Rautenfahne als Erkennungszeichen, machte sich der Pädagoge in den Sommerferien auf den Weg, zunächst mit dem Bus, von Garmisch über Prag und Königgrätz nach Oppeln.

    Dort wurden die Wanderschuhe angezogen: eine Woche an der Oder entlang (mit einem Ruhetag) nach Breslau. Mehr als 100 Kilometer. Wollnik kam aus dem Staunen nicht heraus. Die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Polen überwältigte ihn.

    Vor allem in Oberschlesien wurden sie ständig in deutscher Sprache angesprochen, wurden eingeladen zum Essen und zum Übernachten. Da schmerzten die Blasen nicht mehr.

    In Polen ist Angeln Volkssport. 'Mit Wandern oder Radfahren hat es der Pole nicht so', weiß Wollnik zu berichten. Schon allein deswegen galten die sechs Männer als außergewöhnliches Ereignis.

    Da sie einen Kameramann dabei hatten, der schon etliche Filme fürs Fernsehen produziert hat und der als einziger perfekt polnisch sprach (Abitur in Oppeln), kam es zu außergewöhnlichen Begegnungen. Zum Beispiel in Oppeln mit dem Friseur von Miroslav Klose. Der Fußball-Nationalspieler ist dort aufgewachsen.

    Höhepunkt für Wollnik war der Besuch am Haus seiner Vorfahren. 'Man ließ mich zwar nicht ins Haus, jedoch allein den Putz greifen, der noch von damals stammt, als mein Vater dort wohnte, das war schon ein erhebendes Gefühl.' Eine Nachbarin konnte sich zudem sehr gut an die Familie Wollnik erinnern und plauderte in deutsch mit dem Scheidegger.

    Auf ewig Feinde?

    Die Mär, dass Polen und Deutsche auf ewig Feinde bleiben werden, wie es die polnische Regierung verbreitet, wird vom Volk widerlegt, hat Wollnik festgestellt. 'Die Menschen, die wir trafen, haben uns das Gegenteil bewiesen', freut sich der Westallgäuer.

    Und noch etwas Bemerkenswertes ist ihm aufgefallen: 'Wir haben unsere Rucksäcke oft unbewacht gelassen. Es ist nie etwas abhandengekommen.' Reisen bildet nicht nur, es kann auf glückliche Weise auch helfen, Vorurteile abzubauen.

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