Ein Programm für übergewichtige Kinder und ihre Familien bietet die Oberstaufner Ernährungsmedizinerin Dr. Andrea Wirrwitz-Bingger gemeinsam mit drei weiteren Experten ab Oktober in Sonthofen an. "Obeldicks" heißt die Schulung, die von den Krankenkassen finanziert wird und sich über ein ganzes Jahr hinzieht. Das Ziel: Eine langfristige Gewichtsabnahme und eine Verhaltensänderung innerhalb der Familie, was Ess- und Bewegungsgewohnheiten angeht. Und das ohne Aufenthalt in einer Klinik, sondern mithilfe ambulanter Betreuung.
"Wichtig ist, dass wir die Familie mit einbeziehen - das kann auch heißen, dass Oma und Opa geschult werden", erklärt Wirrwitz-Bingger. Die Ärztin sieht dringenden Handlungsbedarf: "20 bis 27 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind zu dick. Übergewicht, das ins Erwachsenenalter mitgeschleppt wird, führt zu gesundheitlichen Problemen." Schon im Teenageralter hätten heute immer mehr Menschen mit Typ II-Diabetes zu kämpfen, fügt Diätassistentin Barbara Graf hinzu, die auch zum Team gehört. "Früher war das ein Problem der mindestens 65-Jährigen", sagt sie.
Experten arbeiten zusammen
Das Besondere am Obeldicks-Programm ist, dass Experten aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenarbeiten. "Wir bieten die Chance, aus gefestigten Familienstrukturen auszubrechen - da braucht es ein Team dazu", betont Andrea Wirrwitz-Bingger. Im Boot sind neben Ärztin und Diätassistentin auch ein Psychologe und eine Sporttherapeutin. Bewegung gehört also genauso zum Programm wie gemeinsames Kochen und Einkaufen und ein Essverhaltenstraining. Die Schulungen finden wöchentlich statt.
Den Grund dafür, dass es immer mehr dicke Kinder gibt, sehen Wirrwitz-Bingger und Graf unter anderem in der zunehmenden Auflösung von Familienverbänden - es werde immer weniger gemeinsam gegessen, berufstätigen Eltern fehle häufig die Zeit für ausgewogene und gemeinsame Mahlzeiten. "Manche Mütter lernen heute auch gar nicht mehr, richtig zu kochen.
Sie wissen nichts über Nährstoffe und stellen einfach Fertiggerichte auf den Tisch", erklärt Wirrwitz-Bingger.
Ist ein Kind erst einmal dick, beginne oft ein Teufelskreis aus Frust-essen, Ausgegrenzt-Sein und einer gestörten Körperwahrnehmung. Programm seien die dicke Kinder unter sich und könnten sich im geschützten Raum an Bewegung und Sport herantasten, sagt Graf: "Ohne Angst, gehänselt zu werden."