Von Michael Dumler|Leutkirch-Schloss ZeilEs ist wie eine Roman- oder Filmszene: Im 'Moulin Rouge', einem in rotem Plüsch ausgestatteten Bordell im mährischen Brünn (Tschechien), sitzt ein Maler an der Bar, trinkt Wodka und beobachtet die Frauen. Plötzlich tritt aus dem Dunkel eine junge Tänzerin, deren Erscheinung den Künstler wie ein Blitzschlag trifft: Denn die Frau hat eine frappierende Ähnlichkeit mit 'Mona Lisa', Leonardo da Vincis berühmtem Frauenporträt (entstanden Anfang 16. Jahrhundert).
Der Maler, dem dies passierte, heißt Manfred Scharpf aus dem Leutkircher Ortsteil Schloss Zeil. Die Bordell-Schönheit namens Ivana inspirierte ihn zu zwei 'Mona-Lisa'- und weiteren Frauenporträts. Unter dem Titel 'Sophia' sind sie Bestandteil seines Arbeitszykluses 'Conjunctio Europae', der 2007 im Europäischen Parlament in Brüssel zu sehen war (wir berichteten). Unter dem selben Titel gibt es in Schloss Zeil am 14. September eine Ausstellung zu sehen.
In 'Conjunctio Europae' spürt Scharpf der europäischen Identität nach, zu der auch Frauen gehörten. 'Es gibt unzählige Frauen in der Geschichte Europas, die Großes geleistet haben, aber kaum berücksichtigt, ja sogar gemobbt wurden', sagt der 63-Jährige und denkt etwa an die Kernphysikerin Lise Meitner (1878 - 1968) oder an deutsche Trümmerfrauen.
Non-Plus-Ultra-Frau
Und Mona Lisa? 'Für viele eine Non-plus-Ultra-Frau, aber auch ein abgegessenes Modell', sagt Scharpf mit Blick auf sein im Stile da Vincis gemaltes, seitenverkehrtes Bild. Und so ist als ironischer Vermerk im Vordergrund ein angegessener Apfel mit Fliegen zu sehen. Eineinhalb Monate benötigte der gelernte Kirchenmaler Manfred Scharpf für diese Mona Lisa - für ihr modernes Pedant einen halben Tag.