Ottobeuren(vol). - Die Musiker in seinen Orchestern nannte er seine 'Kinderle'. So erzählen es die, die Eugen Jochum noch persönlich gekannt haben. Bescheiden, angenehm, unaufgeregt - auch diese Begriffe fallen, wenn es um den gebürtigen Babenhausener geht. Weil der Dirigent, der nicht ganz unschuldig ist am Weltruf, den die Ottobeurer Basilikakonzerte genießen, heuer 100 Jahre alt geworden wäre, veranstaltet die Marktgemeinde die 'Jochum-Bruckner-Tage'. 1987 passierten zwei Dinge, die für alle Jochum-Bewunderer von großer Bedeutung waren: Der große Dirigent starb und noch im gleichen Jahr wurde ihm zu Ehren die Eugen-Jochum-Gesellschaft gegründet. 'Wir wollen mit Veranstaltungen und Vorträgen die Dirigenten-Persönlichkeit des Babenhauseners herausstellen', sagt Reinald Scheule, Vorsitzender der Gesellschaft. Die Veranstaltungsreihe in Ottobeuren mit Ausstellung, Vorträgen und dem großen Basilikakonzert mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das Bruckners 'Neunte' spielen wird, geben dazu heuer besonders viel Gelegenheit. Jochum wurde vor knapp 100 Jahren in eine Musiker-Familie hineingeboren. Alle drei Kinder studierten Musik - keine Selbstverständlichkeit beim spärlichen Gehalt des Vaters, der Lehrer und Musiker im Fuggermarkt war. Nationaltheater Mannheim, Generalmusikdirektor in Duisburg, musikalischer Leiter des Senders Berlin waren wichtige Etappen in der Karriere des - zu Berliner Zeiten rigen Musikers.
Auftakt für den Weltruf Eine besondere Beziehung nahm dann im Jahr 1951 ihren Anfang: Jochum dirigierte das Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks in der Basilika. Es erklang Bruckners 'Fünfte'. Alle sind sich einig: Hier nahm der Weltruf der Basilikakonzerte seinen Anfang. Noch 15-mal sollte er in dem barocken Gemäuer den Taktstock schwingen. Auffällig ist auch, dass der Name 'Anton Bruckner' in Jochums Biografie eine große Rolle spielt. Er war sogar Präsident der deutschen Brucknergesellschaft. Scheule nennt einen möglichen Grund für Jochums Ruf als 'der' Bruckner-Interpret: 'Wenn jemand wie Bruckner seine neunte Symphonie Gott widmet, kann man sie nur gut spielen, wenn man selbst auch eine Beziehung zu diesem Begriff hat.' Jochum hat das immer wieder betont. Als er 1976 die schwäbische Bezirksmedaille bekam, sagte er: 'Ich sehe meine Begabung als ein reines Geschenk von oben an.' Jochums enge Verbindung zu Bruckner begleitete ihn übrigens bis zu seinem Tod. Denn 1987, als der Taktstock in seinen Händen für immer zur Ruhe kam, probte er gerade an einem Konzert. Zur Aufführung sollte die 'Siebte' kommen. Von Bruckner. i Die Jochum-Bruckner-Tage beginnen am Mittwoch, 17. Juli, um 19.30 Uhr mit einer Ausstellung (Federzeichnungen berühmter Dirigenten) im Haus des Gastes. Um 19 Uhr am Freitag, 19. Juli, wird die Bruckner-Wanderausstellung im Kaisersaal eröffnet. Am Samstag, 20. Juli, dann um 19.30 Uhr Kaisersaalkonzert mit dem Münchener Kammerorchester und Veronica Jochum von Moltke (Klavier). Sawallisch krank: Sir Colin Davis dirigiert in Basilika 'Im Memoriam Eugen Jochum' - unter diesem Motto steht das große Basilikakonzert am Sonntag, 21. Juli. Leiten sollen hätte es Wolfgang Sawallisch. Doch er ist kurzfristig erkrankt. Aus seinem Urlaub heraus konnte der ehemalige Chefdirigent des Symphonieorchesters des BR, Sir Colin Davis, gewonnen werden. Gespielt wird Bruckners neunte Symphonie (ausverkauft). Das Bayerische Fernsehen zeichnet das Konzert auf und sendet es am 1. November von 12.15 bis 13.45 Uhr.