Prinz Luitpold von Bayern, der Urenkel des letzten bayerischen Königs, kennt die 'Zecken, die zum Aussaugen kommen'. Er meint damit all jene, die sich anhängen an Prominente, um beispielsweise mit deren Namen oder Abbildungen Geld zu verdienen.
Das kennt der 65-Jährige von seinem Schloss Kaltenberg, dessen Foto er auch schon ungefragt in den Regalen eines Supermarktes gesehen hat – in Form einer Pralinenverpackung. Dem Zulieferer sei ziemlich deutlich gemacht worden, dass die Familie so etwas nicht wünsche.
Die ganze Souvenir-Industrie rund um König Ludwig II. habe man 'inzwischen im Griff', sagt der Adelige. 'Das hat 30 Jahre an Kleinstarbeit gekostet.' Deshalb könne er den Freistaat gut verstehen, wenn er dem 'Wildwuchs' bei der Herstellung und dem Vertrieb von Mitbringseln einen Riegel vorgeschoben habe. 'Es ist völlig in Ordnung, wenn der Eigentümer ein Schutzrecht über seine eigene Immobilie hat', findet Prinz Luitpold.
Der Freistaat gewinnt Markenstreit
Bayern hat im Juli 2011 eine ganze Litanei an Waren und Dienstleistungen, die mit dem Wort 'Neuschwanstein' werben, innerhalb der Europäischen Union schützen lassen – von Finnland bis Griechenland, von Portugal bis Rumänien. Geldgeschäfte und Strumpfhalter sind auch darunter.
Das wollte sich der Bundesverband Souvenir – Geschenke – Ehrenpreise mit Sitz im mittelfränkischen Veitsbronn (Kreis Fürth) nicht gefallen lassen. Eines der Argumente des Verbandes, der Fabrikanten und Händler vertritt: 'Neuschwanstein' könne keine Marke sein, weil das Wort die geografische Herkunft der Waren und Dienstleistungen beschreibe.
Das sah aber weder das EU-Markenamt im spanischen Alicante so noch das EU-Gericht in Luxemburg. Allerdings könnte der Verband innerhalb von zwei Monaten Rechtsmittel vor dem übergeordneten Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen.
Der Bayerischen Schlösserverwaltung geht es in dem Konflikt 'um die kultur- und identitätsstiftende Funktion von Neuschwanstein', sagt Sprecherin Cordula Mauß. 'Diese Marke ist in heutiger Zeit insbesondere zur Abwehr von Benutzungen wichtig, die das Image und die Identität negativ beeinflussen. Es wird damit eine Kontrolle der Außendarstellung möglich.'
Der Freistaat selbst, der Schloss Neuschwanstein seit 1923 in staatlichen Besitz gebracht hat, verkauft nicht direkt Tassen, Fingerhüte und Schnupftabakdosen mit einem Bildnis des Königsschlosses. In den Museumsshops der 46 Burgen, Schlösser und Residenzen breitet die Kulturgut AG ihr Sortiment aus. Das Unternehmen, das hochwertige Artikel feilbietet, zahlt eine Pacht. 'Einzigartigkeit entsteht nicht durch Kopieren', heißt es auf der Internetseite der Firma.
Für den Erhalt des Touristenmagneten Neuschwanstein investiert Bayern kräftig. Im Baubereich waren es im vergangenen Jahr über 1,1 Millionen Euro, in den Jahren 2005 bis 2015 zehn Millionen Euro. Weil mehr als 1,5 Millionen Besucher im Jahr kommen, werden sie quasi im Minutentakt durch die königlichen Gemächer geschleust. Entspannter geht es im gegenüber- liegenden Schloss Hohenschwangau zu, das dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds gehört und die Kinderstube König Ludwigs II. war.
Wer zunächst nicht an Souvenirs denkt, sondern eine spektakuläre Aussicht auf Neuschwanstein genießen möchte, hat demnächst wieder eine gute Gelegenheit. Ende Juli soll wie geplant die Sanierung der Marienbrücke abgeschlossen sein.