Nesselwang/Kempten (hs). - 'Die letzte Etappe als Dienststellenleiter war meine schönste Zeit.' Hans-Jürgen Gottschlich, Chef der Dienststelle Kempten der Autobahndirektion Südbayern, wird am Mittwoch sein Amt an Willi Weirather übergeben. Im Allgäu stellte Gottschlich die Weichen für die letzten großen Lückenschlüsse und Ausbauten im Autobahnnetz - vor allem die A 7 lag dem in Nesselwang lebenden Diplom-Ingenieur am Herzen. Der gebürtige Breslauer kam im zweiten Lebensjahr nach Weißensee bei Füssen. Aufgewachsen ist der heute 62-Jährige in Nesselwang, Rettenberg und Sonthofen - 'das südliche Allgäu kenne ich' -, ehe er zum Studium und den ersten beruflichen Schritten nach München ging. 1973 kam er zurück ins Allgäu und fing beim Straßen-Neubauamt Kempten an, dem Vorgänger der Autobahn-Dienststelle, und hatte hier gleich mit der A7 zu tun: Damals ging es um die Umgehung Kempten. Gottschlich blieb aber nur für ein Jahr, ehe er 1974 ans damalige Autobahnamt in München wechselte. Dort stand der A 9-Ausbau von München nach Nürnberg an, eine Aufgabe, die ihn reizte. Zudem hatten ihm seine Vorgesetzten versichert: 'Sie kommen leicht wieder nach Kempten', denn er wollte unbedingt wieder ins Allgäu zurück. Doch zog sich die Rückkehr in die Länge: 'Leider ist in Kempten über viele Jahre keine Stelle frei geworden. Wer einmal im Allgäu ist, der will nicht mehr weg', weiß Gottschlich. Erst 1987 kehrte er als stellvertretender Leiter der Dienststelle nach Kempten zurück.
Im Vertrauen darauf, dass er wieder im Allgäu tätig sein würde, hatte der vierfache Vater bereits drei Jahre früher sein Haus in Nesselwang gebaut und pendelte drei Jahre nach München. Als stellvertretender Leiter kümmerte er sich um die Fertigstellung der Wertachtalbrücke der A 7, auch der Bau der Umgehung Mindelheim im Zuge der A 96 fällt in diesen Zeitpunkt. Die A7, die A 96 und der Ausbau der A8 blieben die vorrangigen Vorhaben, als Gottschlich 1994 den Chefposten der Dienststelle übernahm. Vor allem die A 7-Fertigstellung lag ihm am Herzen, erlebte er doch in Nesselwang tagtäglich den Dauerstau. Doch die schier unendliche Prozessgeschichte bei diesem Projekt machte alle Hoffnungen auf einen schnellen Weiterbau zunichte. Als die Planung schließlich juristisch hieb- und stichfest war, fehlte das Geld: Der Pannenstart bei der Lkw-Maut ließ die Finanzierung wackeln, die für 2006/07 anvisierte Fertigstellung der A 7 war nicht mehr zu halten. Dank Bayerns Innenminister Beckstein wurden allerdings Mittel aus anderen Projekten abgezogen, 'so dass wir mit den A7-Arbeiten an problematischen Stellen beginnen konnten'. Inzwischen fließt die Lkw-Maut, Ende vergangenen Jahres waren bislang Arbeiten in Höhe von über 65,5 Millionen Euro 'unter Vertrag gegeben', so Gottschlich. Bei einer Gesamtsumme von rund 100 Millionen Euro hält er daher den Fertigstellungs-Termin im Jahr 2008 für 'sehr, sehr realistisch'. Trotz des Streits um die A 7: 'Persönliche Anfeindungen habe ich nie erlebt', sagt Gottschlich. Im Gegenteil, bei den laufenden Arbeiten herrsche ein 'positives Klima'. Dies liegt aus seiner Einschätzung auch daran, dass seitens der Autobahndirektion alles Mögliche versucht wird, die durch den A 7-Bau bedingten Eingriffe zu minimieren. Gottschlich, der sich nun in Altersteilzeit befindet und im März 2008 offiziell in den Ruhestand geht, verlässt seine Dienststelle 'mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Jetzt kann ich zum ersten Mal unser schönes Allgäu unter der Woche genießen. Aber etwas weh tut es schon, dass man diese sehr interessante Aufgabe mit einem engagierten Team aufgibt'.