Kaufbeuren - Pünktlich zum Herbstanfang trieb in Kaufbeuren ein Frühlingsgewächs Blüten. Doch dabei handelte es sich definitiv nicht um eine botanische Besonderheit. Die Schweizer Band 'Krokus' brachte in der Zeppelinhalle ihren ruppigen Hardrock zu Gehör. Klassiker und brandneue Titel stießen bei den 500 meist älteren Rockfans auf offene Ohren. Melodiöser ging es bei den Landsleuten von 'Shakra' zu, die Krokus auf ihrer Tour begleiten. Für eine Vorgruppe eher ungewöhnlich: ganze dreizehn Stücke lang durften die fünf langhaarigen Rocker auf die Bühne. Zwei davon erklatschten sich die Konzertbesucher als Zugaben. Die kompakten, kurzen Songs kamen beim Krokus-Publikum erstaunlich gut an. Die raue Stimme von Shakra-Neuzugang Markus Fuchs, die melodiösen Soli auf der Gitarre und die super-eingängigen Refrains verankerten sich schon beim ersten Durchlauf fest in den Gehörgängen. Durch wiederholtes Mitsingen wurde der Stoff vertieft. Ähnlich einfach gestrickt sind auch die Krokus-Songs - egal ob alt oder neu. Satte Gitarrenriffs treffen auf Sing-along-Refrains. Wobei sich die Haudegen um den Gitarristen Fernando von Arb verdächtig nahe am Dampfhammer-Rock von AC/DC orientierten. 'Rock the Block' klang doch irgendwie nach einer Hochgeschwindigkeitsversion von 'The Jack', und bei der ergreifenden Hymne 'Screaming in the Night' hatte sich Sänger Marc Storace wohl zu sehr vom Lieblingssong 'Whole lotta Love' seiner Lieblingsband Led Zeppelin inspirieren lassen. Nicht so filigran wie das Original, dafür aber mit umso mehr Strom kam das Guess-Who-Cover 'American Woman' rüber. Ob Kaufbeuren die Rock-Hauptstadt der Welt wäre, wollte Marc Storace vom heimischen Publikum wissen. Yeah - na klar! Dann ging die Rock-Post noch einmal richtig ab: 'Rock City', 'Rock'n'Roll tonight' und 'Easy Rocker'. Wie die Perlen auf der Kette reihte sich ein Krokus-Klassiker an den nächsten. Schließlich wissen die beiden Krokus-Veteranen von Arb und Storace, was sie ihren nicht mehr ganz jungen Fans schuldig sind. 'Für die Alten ist Hardrock eine sentimentale Liebe', verriet Storace, der im Konzert auch gleich sämtliche Klischees wiederbelebte. Von Jeans, Leder und Rockerkluft erzählte der der 51-jährige Herr mit dem grau-gelockten Haar, sang von Sex Machines und Rock'n'Roll Dreams.
Da fliegen die Plektrons Spendabel zeigten sich Krokus gegenüber ihren Fans. Diese wurden reichlich beschenkt mit zahlreichen Gitarren-Plektrons und Drum-Sticks. Sogar ein verschwitztes Handtuch segelte von der Bühne in die Menge. Die Rufe nach Zugaben kamen jedoch eher verhalten. 'Headhunter' rumpelte noch gut ab, und die Musiker badeten im eigenen Schweiß, obwohl die Band bereits am Nachmittag einen Saunagang hinter sich gebracht hatte. Aber so sind sie halt, die alten Rocker! Ihre Glanzzeit hatten Krokus in den 80er Jahren. Etliche später gestartete Comeback-Versuche verliefen im Sande. Nun ist mit Texter Marc Storace die alte, markerschütternde Stimme von Krokus wieder an Bord, und drei junge Musiker sorgen an Bass, Gitarre und Schlagzeug für den kraftvollen Groove. Mit der aktuellen Scheibe 'Rock the Block' ist Krokus ein Senkrechtstart gelungen. Von Null auf Eins stiegen die Eidgenossen in ihrer Heimat in die Album-Charts ein. Der daraus resultierende Erfolg und die gute Promotion verhalfen dem etwas welken Krokus in diesem Jahr zu neuer Blüte. Christian Gögler