Untrasried | ram | Die erfolgreiche, über 110-jährige Geschichte der Sennereigenossenschaft Untrasried gehört der Vergangenheit an. Das Aus für die Herstellung von Bergkäse und Emmentaler kam für viele Menschen überraschend. Die Milch der fünf verbliebenen Bauern, die ihre Kühe auch weiterhin nur mit Heu und Gras füttern, 'fließt' nun per Tankwagen nach Sulzberg in Österreich.
Die so genannte 'obere Käsküche' wird schon im Jahre 1874 bis 1878 als Produktionsstätte erwähnt. Dann wurde sie wieder ab 1895 betrieben, die 'untere Sennerei' folgte 1897/98. Im 'oberen Lokal' nahe der heutigen Bäckerei Preißinger wurde Weichkäse hergestellt, im 'unteren Lokal' (am jetzigen Standort) wurde Emmentaler produziert. Die Protokollbücher der bäuerlichen Genossenschaften liegen ab 1935 vor. Sie umfassen Beschlüsse, die den Betrieb der Käsereien betreffen, Bilanzen und allgemein Interessantes.
1936 befassten sich zwei Gremien der Genossenschaften mit einer Zusammenlegung der Sennereien 'mit eventuellem Umbau des unteren Lokales'. Es kam zwar zu einer hitzigen Debatte, aber nicht gleich zum angestrebten Verschmelzen. Am 23.9.1937 fasste die 'obere Genossenschaft' mit elf Mitgliedern den einstimmigen Beschluss, sich mit der 'unteren' zu vereinigen. Als 'Eintrittsgeld', so steht es im Protokoll, wurden 1500 Reichsmark festgelegt.
Die Genossenschaft wuchs auf 24 Mitglieder, und die Käserei musste vergrößert werden. Da ein Neubau nicht zu schultern war, wurde ein zweiter Kessel eingebaut. Die Kosten stiegen auf 1500 Mark, und so heißt es im Protokoll: 'Wir stehen geschlossen zusammen, komme was nur wolle'. Eine erstaunliche Randbemerkung findet sich 1937: Die Gemeinde forderte die Landwirte auf, Flachs anzubauen. Ein Bauer stellte dazu eine Fläche zur Verfügung. Zwei Jahre später lehnten die Landwirte den ungeliebten Flachsanbau jedoch erfolgreich ab.
Während des Krieges ging die Käseherstellung weiter. 1943 erhielt die Sennerei einen Anschluss an die Untrasrieder 'Wasser-Hauptleitung'. Sanierungen an der Feuerungsanlage, den Kesseln und dem Kamin erfolgten 1948 unter Mithilfe der Bauern. Im Buch steht: 'Auch nach Außenhin wurde ein anständiges Aussehen verliehen'. 1954 unternahm die Genossenschaft einen 'Lehrausflug' zur bayerischen Landwirtschaftsausstellung nach München mit Besuch des Oktoberfestes: 'Das Mittagessen zu drei Mark spendete die Kasse'.
Vergrößert und grundlegend renoviert wurde die Sennerei 1959: Das Haus wurde aufgestockt, eine Wohnung wurde eingebaut und ein dritter Käskessel. Der viele Jahrzehnte bestehende Milchkäufer-Vertrag mit Georg Monn aus Untrasried wurde 1961 aufgelöst und ein neuer mit Albert Herz in Sonthofen geschlossen, der rund vier Jahrzehnte Bestand hatte. Ab 1985 veränderte sich die Marktlage für den Emmentaler, so dass ab 1990 auf das Herstellen von Bergkäse umgeschwenkt wurde.
Fast 5000 Laib Bergkäse pro Jahr
Der Anschluss an die Untrasrieder Kanalisation erfolgte 1990. Diese so genannten 'Einwohnergleichwerte' kommen heute der Gemeinde für die neue Siedlung 'Untrasried-Ost' zugute. Das 100-jährige Bestehen der Genossenschaft wurde 1998 zusammen mit der Eröffnung eines Verkaufsraumes der Sennerei gefeiert. In einem Festzelt wurden die vielen Besucher bewirtet. Die Jahresproduktion betrug in dieser Zeit fast 5000 Laib Bergkäse und rund fünf Tonnen Butter.