Ohnmacht nach zwei Watschen Elf Monate Haft ohne Bewährung - 36 Vorstrafen Lindau/Westallgäu (enz.). 'Wenn Sie auftauchen, weiß ein jeder, der Sie kennt, dass es unangenehm und gefährlich werden kann.' Zu dieser Einschätzung kam Richter Thomas Walther, nachdem er einen mit 36 Vorstrafen belasteten gerichtlichen Dauergast wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer elfmonatigen Haftstrafe verurteilt hatte. Eine Strafaussetzung zur Bewährung konnte sich der 49-Jährige von vornherein abschminken. Am Ende musste er gar froh sein, dass der Richter das von Staatsanwalt Elmar Lechner beantragte Strafmaß von eineinhalb Jahren Gefängnis merklich milderte. Neben den Verfahrenskosten und dem Anwaltshonorar der Nebenklage dürften auch noch zivilrechtliche Ansprüche auf den Verurteilten zukommen. Allerdings konnte sich der Staatsanwalt nicht so recht einen kausalen Zusammenhang zwischen zwei Watschen und der Ohnmacht des in einer Lindauer Kneipe malträtierten Mannes vorstellen. Womöglich hänge die Bewusstlosigkeit mit gesundheitlichen Problemen zusammen. Bei dem seinerzeit ins Lindauer Krankenhaus eingelieferten Mann handelt es ich um einen 44-jährigen, der sich nach eigenem Bekunden nicht mehr daran erinnern konnte, was ihm an jenem Abend in einem Lindauer Gasthaus widerfahren war. Das Gericht zeigte sich davon nicht überrascht, weil ein ärztliches Attest dem seinerzeit fünf Wochen lang arbeitsunfähigen Mann ein Schädelhirntrauma mit kurzfristigem Gedächtnisverlust und einem hirnorganischen Psychosyndrom bescheinigte. Wie sich der als Zeuge vernommene Gastwirt erinnerte, sei es an der Theke zu einem Disput zweier Männer gekommen. Von der Küche aus habe er ein Klatschen gehört, worauf er in den Gastraum geeilt sei. Die offensichtlich als Folge einer Backpfeife stark gerötete Gesichtshälfte eines auf dem Hocker sitzenden Gastes habe der jetzt Angeklagte mit dem Satz kommentiert: 'Diese Ohrfeige hat er schon lange verdient.
' Dabei sei es nicht geblieben, 'weil es kurz darauf wieder klatschte.' Danach habe der offensichtlich erneut Gewatschte vom Hocker aufstehen wollen und sei sogleich zu Boden gesackt. 'Das lag nicht am Alkohol', war sich der Wirt sicher. Der nächste Zeuge griff das Stichwort 'Alkohol' mit einem Geständnis auf: 'Ich bin jeden Tag leicht angetrunken.' Auf die Frage des Richters, wo er wohne, entgegnete der Gutgelaunte: 'Im Schlafsack.' Des Richters Erkundigung, an welchem Ort er sich außerhalb des Schlafsackes überwiegend aufhalte, brachte den selbsternannten Zecher nicht in Verlegenheit: Er sei täglich in besagtem Wirtshaus anzutreffen, wo er auch an jenem Abend gewesen sei und höchst Wundersames erlebt habe: 'Der Streit an der Theke war schon länger als zehn Minuten vorbei, als der Mann auf dem Hocker aus heiterem Himmel wie ein nasser Sacke umgefallen ist und von mir aufgefangen wurde.' Von Schlägen oder Ohrfeigen wisse er nichts. Auch die anschließend vernommene Bedienung wollte derlei nicht gesehen haben. Auch die Schwester beleidigt Im Gegensatz zu dem auf Freispruch plädierenden Verteidiger ('Eine lediglich vom Wirt gehörte Körperverletzung reicht nicht zu einer Verurteilung') stand für Staatsanwalt Lechner die Schuld des Angeklagten außer Frage. Dieser habe nämlich noch am gleichen Abend ein anderes Lokal aufgesucht und sich gegenüber der dort zufällig anwesenden Schwester des Geohrfeigten mit dem Satz gebrüstet: 'Ich habe deinen Bruder gerade krankenhausreif geschlagen.' Noch dazu sei die Schwester äußerst vulgär beleidigt worden. 'Ein infames Verhalten', wie Lechner bemerkte. Dies sah auch Richter Walther so. der den 'wandelnden Bewährungsversager' für elf Monate hinter Gitter schickte. Damit entfalle zwangsläufig der für den Joblosen vom Arbeitsamt angeordnete Computerkurs. Walther: 'Was dabei herauskommen sollte, ist mir ein Rätsel.'