Zu hohen Geldstrafen hat das Amtsgericht Sonthofen gestern den früheren Bürgermeister von Oberstdorf, Thomas Müller, und den mitangeklagten ehemaligen Tourismus- und Sportdirektor Urs Kamber verurteilt. Einzelrichter Andy Kögl verhängte gegen Müller eine Geldstrafe über 15000 Euro (150 Tagessätze) wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt und gegen Kamber eine Geldstrafe über 5400 Euro (120 Tagessätze) wegen Beihilfe. Ihre Verteidiger hatten Freisprüche beantragt.
Das letzte Wort des Richters, bevor die Angeklagten und ihre Rechtsanwälte grußlos den Gerichtssaal verließen, war außergewöhnlich. Der aufgebrachte Vorsitzende: "Es ist ein echter Skandal, dass sich eine Gebietskörperschaft wie Oberstdorf so hinreißen lässt und einem Angestellten nachgibt, nur um Geld zu sparen". Zuvor war es drei Stunden lang darum gegangen, ob der lediglich sieben Monate lang beschäftigte Tourismuschef von der Marktgemeinde regulär als leitender Angestellter beschäftigt war oder nur als selbstständiger Berater auf Honorar-Basis. Im ersteren Fall hätte die Kommune Beiträge an die Rentenkasse, Kranken- und Arbeitslosenversicherung in Höhe von fast 9400 Euro abführen müssen. Dies war nicht geschehen.
Sowohl der Staatsanwaltals auch der Richter hielten es für erwiesen, dass der damalige Bürgermeister Müller vorsätzlich falsch gehandelt habe. Auch den Angaben von Kamber wurde nicht geglaubt.In der Tat ist die Art des Beschäftigungsverhältnisses verwirrend gewesen. Da gab es einen beiderseits unterschriebenen Vorvertrag. Dann folgte ein Anstellungsvertrag, den Kamber ablehnte. Der Tourismuschef legte eine "Mandatsvereinbarung" vor, die der Bürgermeister nicht unterzeichnete. Dennoch wurden stillschweigend Einzelrechungen mit hohen Spesensätzen an Kamber ausbezahlt. Letztendlich verzichtete die Rentenversicherung auf die Sozialbeiträge. Darauf bauten die Verteidiger ihr Verlangen nach Freispruch auf. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Oberstdorfs jetziger Bürgermeister Laurent Mies wollte sich zum Verfahren nicht äußern. Er stellte lediglich fest, dass mit der Anmerkung des Richters nicht Oberstdorf generell gemeint sein könne.