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Auf der Suche nach dem Ursprünglichen

Schwangau

Auf der Suche nach dem Ursprünglichen

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    Auf der Suche nach dem Ursprünglichen
    Auf der Suche nach dem Ursprünglichen Foto: andrea schubert

    Die Holzdielen vor der Tür zur großen Stube schlagen Wellen nach Tausenden und Abertausenden von Schritten. Seit 1777 werden sie getreten. Das hinterlässt Spuren. Dr. Dr. Dieter Rüth und seine Frau Angelika genießen diese Spuren. Deshalb durften die Handwerker bei der Sanierung des Anwesens "Beim Hiebler" in Schwangau die Dielen auch nicht einebnen. Und nicht zuletzt aufgrund solcher Details bei der liebevollen Restaurierung erhielt das Ehepaar jetzt den Denkmalpreis des Bezirks Schwaben.

    Die Liebe zu alten Dingen ist dem Rechtsanwalt und Notar "angeboren". In Dietzenbach bei Frankfurt/Main lebt er mit der Familie in einer alten Hofreite mit Scheune und Fachwerkbauten. Die Erfahrungen, die er bei der Sanierung dieses denkmalgeschützten Anwesens machte, kamen ihm jetzt in Schwangau zugute. Dorthin kamen die Rüths durch Zufälle. Mit einem Bekannten aus der Kunstbranche besichtigte Dieter Rüth eine Wohnung in Frankfurt, die ein dort tätiger Unternehmensberater aufgeben wollte, weil er in seine Heimatstadt Füssen zurückkehrte. Er lud die Rüths ins Allgäu ein. Sie erkundeten die Gegend und stießen auf "wunderschöne Bauernhäuser". Das schönste war "Beim Hiebler".

    Mit Laube oder "Schupf"

    In der Denkmalliste des Landkreises Ostallgäu steht dieses Gebäude als "Schwangauer Bauernhaus mit offenen Laube, Bundwerkgiebel und profiliertem Sturzbrett". Diese Laube an der Traufseite, auch "Schupf" genannt, findet sich fast nur in Schwangau. Das erste Haus an dieser Stelle gab es wohl schon 1625. Es ist als Meßnergut von St. Georg und St. Coloman eingetragen. 1773 wurde das Haus von Franz Anton Hiebler "auf ewig eigentümlich gekauft", 1777 neu gebaut. Danach erlebt das Hiebler-Haus Umbauten, Modernisierungen, neue Besitzer und schließlich den Leerstand, nachdem der letzte Eigentümer unschlüssig war, was mit dem denkmalgeschützten Gebäude geschehen sollte - bis die Rüths es 2007 kauften und zu ihrem Ferienhaus machten.

    Während der Denkmalschutz Bauherren bisweilen vor große Probleme stellt, stellte sich Anwalt Rüth ganz in seinen Dienst. Das Haus sollte, so weit es nur ging, in den ursprünglichen Zustand zurückgebaut werden. Positiv war bei diesem Vorhaben, dass "die Bausubstanz sehr zufriedenstellend war", erinnert sich der Bauherr. Eine Wand der Kellertreppe war zwar feucht, durch einige Fenster regnete es herein. Doch auch diese Mängel wurden in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Ostallgäu, dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und dem Restaurator Dr. Thomas Becker aus Peißenberg beseitigt. "Ohne Dr.

    Becker wäre das Haus niemals so geworden, wie es heute dasteht", so Rüth über den Restaurator, der eigentlich Arzt ist, und den die Rüths auch über den Füssener Unternehmensberater kennen lernten.

    Altes wird durch Altes ersetzt

    Thomas Becker und die Schwangauer und Füssener Handwerker räumten das Hiebler-Haus Schicht für Schicht aus und holten ursprüngliche Böden, Holztäfelungen, Wandmalereien unter Gipskarton, Tapeten und Lack hervor. Kaputte Fenster wurden durch ebenfalls alte Fenster mit altem Glas ersetzt. Die mit Linoleum belegte Treppe ins Obergeschoss wurde komplett herausgerissen. Becker zimmerte und schnitzte eine neue Treppe nach dem alten Vorbild.

    Wo eine Tür fehlte, wurde keine neue, auf alt getrimmte eingebaut, sondern eine Alte im Stil des Hiebler-Hauses. Als eine Mauer für eine weitere Tür durchgebrochen werden sollte, entdeckten die Handwerker genau an dieser Stelle eine Tür, die einfach zugemauert worden war.

    Um heutzutage in einem solchen Haus zu leben, bedarf es trotz aller Liebe zum Alten eines gewissen Komforts im Sanitärbereich oder durch Elektrizität. Doch selbst hier achteten die Rüths auf Details wie hölzerne Hakenleisten für die Handtücher, einen Jahrhunderte alten, von Becker perfekt eingepassten Schrank vor dem Sicherungskasten oder Lichtschalter, die an die Anfänge der Elektrifizierung erinnern.

    "Die Maßnahme belegt die hohe handwerkliche Qualität des alten Bauernhauses, die Schönheit der Holzarchitektur und die Möglichkeit, auf hohem Niveau in ihr zu leben", heißt es nicht umsonst in der Würdigung der Sanierung für den Denkmalschutzpreis. Und: "Die historische Anmutung des Alters ist innen und außen prägend".

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