"Damasia", die älteste Stadt Deutschlands, befindet sich nach wie vor auf dem Auerberg und nirgendwo sonst. Das ist jedenfalls die felsenfeste Überzeugung des Bernbeurer Künstlers und Geschichtsforschers Christian Chuber. "Alle Indizien weisen klar darauf hin", sagt er. Beim Landesamt für Denkmalpflege in München wird das anders gesehen: "Es gibt wissenschaftlich keinen Anhaltspunkt dafür", sagt Dr. Jochen Haberstroh, Referatsleiter für Oberbayern.
Chuber hat eine historische Forschungsarbeit erstellt, in der er zu dem Schluss kommt, dass die römische Stadt "Damasia" etwa ab 50 v. Chr. auf dem Auerberg gewesen sein muss. Chuber selbst hält das für eine Sensation. Entstanden sein könnte die antike Stadt (Oppidum), die sich Chubers Ausführungen zufolge besonders durch ihre Dichte und nicht durch ihre Weitläufigkeit auszeichnete, durch die Ausweitung der römisch-keltischen Handelskontakte. In den von den Römern eroberten Gebieten verschmolzen im Zuge der Romanisierung keltische und römische Elemente.
Allerdings schränkt der 59-Jährige in seiner Untersuchung ein, dass Kempten durchaus die älteste noch besiedelte Stadt Deutschlands ist - noch vor Trier und Mainz, die auch diesen Titel für sich beanspruchen. "Auf jeden Fall ging der Wettbewerb um den Titel Deutschlands älteste Stadt bisher ohne den Auerberg vonstatten. Das könnte sich jetzt ändern", sagt Chuber.
"Geographica" als Grundlage
Grundlage von Chubers These sind die Ausführungen des römischen Geographen und Autors Strabo in seiner Beschreibung des römischen Weltreichs "Geographica". Strabo beschreibt "Damasia" darin als "Akropolis" - also eine auf dem höchstgelegenen Punkt einer Region befindliche Festung - in der Nähe des Lechs. Die Kelten suchten solche exponierten Lagen laut Chuber ausdrücklich.
Da entlang des Lechs nördlich von Epfach (Abodiacum) keine solche Höhenlage zu finden sei, und südlich Füssen (Foetibus) und Altenstadt (Esconova) ausschieden, komme für Damasia eigentlich nur der Auerberg infrage.
Zudem beruft sich der studierte Kunstwissenschaftler auf Aussagen des Archäologen Dr. Günter Ulbert. Dessen Forschungen hätten ergeben, dass auf dem Auerberg eine römische Stadt gewesen sein muss. Außerdem habe ein Bodenradar aus dem Jahr 2007 zweifelsfrei keltische Funde auf dem Auerberg aufgedeckt. "Und es sieht aus, als habe es dort einen römischen Brandplatz gegeben", sagt Chuber.
Das kann laut Dr. Haberstroh auch sein: "Der Auerberg ist der bedeutendste frührömische Standpunkt in Süddeutschland", sagt der Experte. Zu einer antiken Stadt allerdings gehören bestimmte Funde, sagt Haberstroh. "Es müssten bestimmte Dinge wie Bronzekannen oder Münzprägestempel gefunden worden sein. Wir haben aber nicht mal eine keltische Scherbe gefunden." Die Idee "Damasia" falle damit aus, meint Haberstroh.
"Durch die Fakten entsteht ein undurchlässiges Beweisnetz", sagt dagegen Chuber. Und dieses sei bis dato nicht widerlegbar. Seine Arbeit präsentierte Chuber auch dem Landesamt für Denkmalpflege, auf dessen endgültige Reaktion er noch wartet. Er wünscht sich, dass durch seine Arbeit die Grabungen am Auerberg erneut gestartet werden und nach "Damasia" gesucht wird.