Orthopädie-Schuhtechniker Ralf Reiter produziert Hufschuhe. Von Horst Scholl Thalhofen Fototermin für Alban, die neunjährige Araberstute. Barhufig, dicht an der Seite ihrer Halterin und scheinbar gelassen, lässt das Tier die Rolle als 'Model' für Hufschuhe über sich ergehen. Die Bedeutung des Auftritts scheint dem grazilen Pferd bewusst. Werbewirksam ist auch Hufschuhmacher Ralf Reiter mit dabei, um auf sein Produkt und dessen segensreiche Wirkung für Pferde aufmerksam zu machen. Erst seit kurzem befasst sich der gelernte Orthopädie-Schuhtechniker mit der Herstellung von Fußbekleidung für Pferde nach Maß, um eine kostengünstige Alternative für die auf dem Markt befindlichen High-Tech-Hufschuhe anzubieten.
'Für Spinnerte?'
Sind Hufschuhe etwas Neumodisches für 'spinnerte' Pferdeliebhaber und deren überzüchtete Vierbeiner? 'Nein', weiß die orthopädische Hufpflegerin Sabine Aichele aus Ebersbach. 'Hausschuhe für Pferde' seien durchaus keine Erfindung der Neuzeit. 'Es gab sie schon immer.' Zu allen Zeiten sei es notwendig gewesen, den verletzten oder erkrankten Fuß eines Pferdes in eine schützende Hülle zu verpacken. Nicht immer trägt ein nachlässiger Pferdehalter die Schuld, wenn sein Pferd am Huf erkrankt. Ein Tritt in einen Nagel kann die Ursache sein oder ein Abszess, wie er vermehrt im Frühjahr auftreten kann. Aber auch bei der alltäglichen Pflege und Gesundheitsvorsorge leistet der Hufschuh gute Dienste zum Bewässern der Hufe beispielsweise. Pferde in der freien Natur, berichtet die Hufpflegerin, stellten sich zum Trinken ins Wasser, um besser vor Raubtieren geschützt zu sein. Automatisch werde das Horn in dieser Zeit ausreichend befeuchtet. Da diese Art der Bewässerung bei domestizierten Pferden weitgehend entfällt, das Horn austrocknet und brüchig wird, muss der verantwortungsbewusste Halter dieses Defizit ausgleichen.
Wasser über die Läufe
Mit der Gießkanne wird einfach Wasser über die Läufe beziehungsweise die innen mit Filz ausgekleideten Schuhe gegossen. Dann lässt man das Tier 15 Minuten in der Feuchtigkeit stehen. Die teuren High-Tech-Schuhe für Pferde umgäben den Huf gleich einem modernen Skistiefel, mit einer Hartschale aus Plastik, erläutert Aichele. Derartig fest umgeben sieht sie den Fuß des Tieres nicht optimal durchblutet. Der aus Leder und Filz gefertigte 'Hausschuh' hingegen könne problemlos Tag und Nacht getragen werden. Reiter, gebürtiger Saarländer und mit seiner Familie seit sieben Jahren in Thalhofen ansässig, ist seit geraumer Zeit nebenberuflich als Schuhmacher tätig.
Die Herstellung von Hufschuhen will er zu einem tragenden geschäftlichen Standbein machen. Die Konkurrenz-Situation ist laut eigener Einschätzung entspannt, eine Marktlücke vorhanden. Hufpflegerin Aichele, die in ihrer Arbeit alternative Wege geht, ist hocherfreut darüber, 'dass wir wieder einen Hufschuhmacher haben'. Umgehend hat sie dies dem Verband deutscher Hufpfleger gemeldet. Über Internet verbreitet der Dachverband Reiters Adresse. Vor Ort und in der Region setzt Reiter auf 'Mundpropaganda'. In der Werkstatt im Keller seines Hauses lässt sich der Schuhmacher bei der Arbeit über die Schulter blicken.
Die Teile, die er zur Herstellung eines Hufschuhes braucht, sind das Leder für den Schaft und die Brandsohle, der Filz für das Futter, das strapazierfähige Material für die Profil-Laufsohle und der Klettverschluss. Nach dem Zuschnitt werden Schaft und Zwischensohle vernäht und der Verschluss wird angebracht.
Dann wird mit Hilfe einer Presse die Laufsohle aufgeklebt. Zum Schluss wird die Sohle 'ausgeputzt' und fertig ist der Schuh. Reiter produziert auf Bestellung. Seine Stärke sieht er darin, dass er die Schuhe individuell und nach Maß herstellt.
Denn wie kein Menschenfuß dem anderen gleicht, so unterscheiden sich auch die Hufe der Pferde. Und wie der Mensch weiß die Stute Alban einen passenden Schuh zu schätzen.