Von Andreas Hoehne |FuchstalWer bei Familie Schweitzer in Fuchstal anruft, wenn gerade niemand daheim ist, hat allen Grund zum Staunen. Denn auf dem Anrufbeantworter begrüßen ihn nicht nur Lea und Luca und ihre Eltern Gisela und Markus Schweitzer, sondern ebenso "Jakob und seine Damen", Severin und Sopherl, Trix und Trex, Quito und Lima, Erasmus, Diamond, Herkules und viele weitere Namen, die in der Familie eine wichtige Rolle spielen. Denn auf dem Anwesen am Lechblick unmittelbar neben der B17 leben über 40 Tiere, die wegen ihres Alters oder Krankheit "nicht mehr gewünscht sind".
"Nazcerosa" haben die Schweitzers ihr Domizil genannt, das sie seit vier Jahren bewohnen. Abgeleitet wurde der Name vom Wappentier ihrer "Ranch", der Schäferhündin Nazca. Doch auch jedes andere Tier hat seine Geschichte. Gisela Schweitzer befindet sich zwar gerade mit dem dreimonatigen Luca im Mutterschaftsurlaub, doch ihrer Tätigkeit im Polizeidienst haben zwei Bewohner ihr Heim auf der "Nazcerosa" zu verdanken.
Zum einen das liebevoll "Rassi" genannte und mittlerweile 26 Jahre alte Polizeipferd Erasmus, das ihr in ihrer Zeit bei der Reiterstaffel treue Dienste leistete und das beim Pferdemetzger landen sollte. Für 900 Mark habe man es freigekauft, erinnern sich die Schweitzers.
"Quito" heißt der Polizeihund, Spezialgebiet "Sprengstoffe", den Gisela Schweitzer als Mitglied der Hundestaffel begleitete und der als Neunjähriger ebenfalls zu alt für den Dienst ist. Zu Erasmus gesellte sich als Beistellpferd der auf einem Auge erblindete "West Diamond", der seine "gute Zeiten" als Trabrennpferd erlebte. Und das Pony "Herkules" wurde in München vor dem Transport zum Pferdemetzger nach Italien gerettet. Auch das Hühnerleben auf der Nazcerosa hat seine eigene Geschichte. Begonnen hat es mit dem Gockel "Jakob", den man am Lech fand und der niemandem gehörte. Dazu gesellten sich bald Hühnerdamen, darunter "Abfallprodukte" aus Legebatterien. Einen Marktwert von sieben Cent haben diese "ausgemusterten" Hühner am Ende ihres einjährigen Daseins als Eierproduzentinnen, berichtet Markus Schweitzer.
68 von ihnen hatte er zuletzt aus einem Betrieb abgeholt und an andere Tierfreunde im Umkreis verteilt, die ebenso wie er ein Tier nicht nur als "Sache" sehen. Und so hat auch ein blindes Huhn, die Henne Gerda, ihr Domizil auf der "Nazcerosa" gefunden. Da sie von ihren Mitbewohnern nicht akzeptiert wird, besitzt sie einen eigenen kleinen Auslauf und wird täglich dorthin getragen. Weitere Bewohner auf dem Anwesen sind "nicht mehr erwünschte" Kaninchen, die in der "Villa Hoppel" logieren, Ziegen und die "Degus" Trix und Trex. Dies sind südamerikanische Nagetiere, ebenfalls offensichtlich Überbleibsel einer "Wegwerfgesellschaft", die irgendwann in einem Tierheim strandeten. "Wir wollen den Tieren ein Leben und Sterben in Würde bieten", meinen Gisela und Markus Schweitzer. Dafür nehmen sie auch einiges an Opfern auf sich.
Zwei bis drei Stunden am Tag benötige man für die Versorgung der Tiere, berichten sie, und neben dem Futter fallen vor allem die Tierarztkosten ins Gewicht, wobei alles "aus eigener Tasche" finanziert wird. Das Engagement des Physikers Markus Schweitzer und seiner Frau beschränkt sich übrigens nicht nur auf Tiere. Persönliche Patenschaften übernommen haben sie auch für Not leidende Menschen, für Kinder aus Tibet und Südamerika.
Weitere Informationen über die vielen Bewohner der "Nazcerosa" und Gisela und Markus Schweitzer gibt es im Internet: