Ein Augenarzt hat sich vor dem Amtsgericht Lindau verantworten müssen. Der Vorwurf: unterlassene Hilfeleistung - der Mediziner hatte einen Patienten eine Nacht lang mit Schmerzen auf seine Behandlung warten lassen, Folgen für die Heilung hatte das nach Ansicht eines Gutachters nicht, wohl aber juristische. Das Verfahren wurden gegen ein Schmerzensgeld (1500 Euro) und eine Zahlung an die Staatskasse (1000 Euro) eingestellt.
Zum Vorfall selbst gab es kaum Ungereimtheiten, da sich die Schilderungen von Kläger, Angeklagtem und Zeugen zu großen Teilen überschnitten. Ein gelernter Automechaniker bearbeitete an einem Samstag in Wangen mit einer sogenannten Flex Metallrohre. Zwar trug er eine Schutzbrille, dennoch fand etwas den Weg in sein Auge. Am späten Abend wurden die Schmerzen im Auge schlimmer. Der Automechaniker ging ins Wangener Krankenhaus, bekam dort Augentropfen, die aber nichts halfen. Deshalb wurde er in eine Klinik in den Landkreis Lindau weiterverwiesen.
Dort erlebte er dann eine Überraschung. Der telefonisch alarmierte Augenarzt erklärte, er solle am nächsten Morgen in seine Praxis kommen. Seine Verletzung sei kein Grund für einen Notfall. Als gegen 2 Uhr die Schmerzen schlimmer wurden, unternahm der Patient einen weiteren Versuch, den Bereitschaftsarzt dazu zu bringen, ihn zu behandeln.
Ohne Ergebnis. Die gleiche Antwort bekam ein Krankenpfleger der Klinik, der am frühen Morgen einen dritten Anlauf unternahm. Zudem verordnete der Arzt auch kein Schmerzmittel. Morgens um 9 Uhr kümmerte er sich dann in seiner Praxis um den Mann. Ein Splitter war dem Wangener wohl ins Auge geflogen, was genau ließ sich vor Gericht nicht klären.
Der Patient, erklärte der Sachverständige Prof. Michael Ulbig von der Universitätsaugenklinik München, haben den Vorgang dramatischer wahrgenommen, als er es aus medizinischer Sicht gewesen sei. Wobei er auf Fragen des Staatsanwaltes erklärte, dass man normal bemüht sei, Patienten gleich zu helfen. Allerdings räumte er ein gewisses Gefälle zwischen Stadt und Land ein, was schnell verfügbare ärztliche Hilfe angeht. Der Mediziner, der neben seinem Verteidiger einen Fachanwalt für Medizinrecht mitgebracht hatte, erklärte, sein Verhalten sei durchaus üblich.
Zumal, wie auch der Sachverständige betonte, es keine negativen Auswirkungen auf die Heilung gehabt habe.
Für den Anwalt ein Grund, eine Einstellung des Verfahrens zu beantragen, da sich der Nachweis der unterlassenen Hilfeleistung nicht erbringen lasse. Richter Klaus Harter und der Staatsanwalt stimmten zu. Gegen eine Schmerzensgeldzahlung von 1500 Euro an den Wangener und 1000 Euro in die Staatskasse wurde das Verfahren eingestellt.
Das Fazit von Richter Harter: "Man kann nur hoffen, dass man am Wochenende nicht krank wird."