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Arg zerzauste Fledermaus

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Arg zerzauste Fledermaus

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    Von Christoph Pfister Bad Hindelang Sie flattert fröhlich über die Bühnen der Welt, seit 130 Jahren schon: die Fledermaus des Johann Strauß. Auch die reisenden Thespiskarren packen eine der schönsten aus dem Genre der Wiener Operette gerne aus. Beim Gastspiel des Wiener Operetten Theaters in Bad Hindelang geriet das Meisterwerk allerdings in einen bösen Sturzflug. Vergeblich, zumindest in den beiden ersten Akten, mühten sich die Akteure um Spielfluss. Den zeittypischen Irrungen und Wirrungen, Liebschaften und Buhlereien fehlten Struktur und dramatische Fixpunkte. Aus den flachen Spielchen muss und kann man, wie andere Produktionen zeigen, Charme und Scherz herausarbeiten. Dabei provoziert der gern gesehene Bühnenstoff geradezu launige Einfälle, lädt zu bestem französischen Lustspiel ein, das Johann Strauß mit seiner unsterblichen Musik zu einem Meilenstein des Musiktheaters gemacht hat. Victor Hunt und Jana Heinzl, die diese Fledermaus eingerichtet hatten, ließen genau das vermissen, was der Operette Besucher beschert und Beifall bringt.

    Inszenierung kann man das fade Gestolpere kaum nennen. Dabei versuchten sich die Sängerinnen und Sänger mit einem Elan und Engagement, den man sich bei rollenden Bühnen sonst meist nur sehnlich wünschen kann, an einem Spiel, das bei dieser miserablen Vorgabe sich nur schleppend entfalten konnte. Fehlbesetzungen und Lieblosigkeiten in der kargen Ausstattung zerzausten die Fledermaus à la Wiener Operetten Theater vollends. Vojtech Filip, strahlend-kraftvoller Heldentenor hat bestimmt seine Qualitäten, den italienischen Gesangslehrer, als der Alfred charakterisiert ist, mag man ihm ebenso wenig abnehmen wie Dominique Sertel, die Rolle des Gabriel von Eisenstein, den er als schelmischen Dauer-Lausbub mit Schmelz in der Stimme durchgängig jugendlich unbekümmert angelegt hat. Stamelia Dendl als seine Frau Rosalinde dringt im Kursaal nur in den Höhen und der forcierten Dynamik durch, während Michaela Egloff deren Kammermädchen Adele ansehnliche spielerische Ausgestaltung gibt und sich in die erste Reihe der weitgehend soliden, wenngleich nur selten mitreißenden Sangeskunst an diesem Abend stellen darf. Warum im fidelen Gefängnis der K&K-Epoche, ein österreichischer Staatsbeamter und sein hochwürdiger Direktor Frank (ordentlich gemimt von Lothar Wehrle) so wirken, als seien sie aus Preußen ausgeliehen, bleibt Geheimnis der Theaterdirektion. Günter Gerull ringt dem Slibowitz-verliebten Frosch einige Heiterkeit ab, kann das Muss der Paraderolle nicht wirklich überbieten. Zu alledem war dem Walzerkönig sogar seine Krone abhanden gekommen: Mit einem Streichersextett und Solobläsern als Garnitur blieben Schwung und Seligkeit der Strauß-Walzer unvollendete Bruchstücke. Schade um das herausragende Mühen des Orchesterleiters, der einfach nicht mehr herausholen konnte aus dem Spartrüppchen unten im Parkett und oben auf den dünnen Bühnenbrettern. Kein Renommé für Wien, eine Schande für eine Operettenbühne, die einst mit Richard Tauber und Marika Rökk begeistert hat.

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