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Arbeiten oder gedenken: Der Tag der Einheit entzweit

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Arbeiten oder gedenken: Der Tag der Einheit entzweit

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    Kempten(bec). - Den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober soll es als Feiertag künftig nicht mehr geben. Das haben Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel in ihrem jüngsten Sparplan beschlossen. Wie berichtet soll der Tag stattdessen am ersten Sonntag im Oktober gefeiert werden. Die AZ hörte sich um, was Arbeitnehmer und Arbeitgeber von den Plänen der Regierung halten. Dabei gehen die Meinungen weit auseinander. Als ein Stück Sozialkultur bezeichnet Erna-Kathrein Groll die Feiertage. Die ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) fürchtet, dass die Abschaffung des 3. Oktober ein weiterer Schritt in Richtung einer 'Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft' sein könnte. 'Der 3. Oktober ist so ein wichtiger Tag, den man gerade mit Kindern und Jugendlichen zum Gedenken nutzen sollte', sagt Groll. Der finanzielle Nutzen, den Arbeitgeber durch den Wegfall des Feiertags hätten, stehe in keinem Verhältnis zu den Rissen, die das soziale Gefüge erhalte. 'Es ist ein Witz, zu behaupten, dass die Produktivität an einem Tag immens steigt', meint Christian Betz, Verdi-Geschäftsführer des Bezirks Allgäu. Vielmehr sei ein durch Feiertage ausgeruhter Mitarbeiter viel motivierter und produktiver als einer, der sich nie erholen dürfe. Dass Feiertage nicht nur Freizeit seien, sondern durchaus zum Gedenken genutzt würden, beweise etwa der 1.

    Mai. 'Viele Menschen kommen dann zu den Kundgebungen', sagt Betz. Und wenn sich jemand an solchen Tagen einfach nur erholen wolle, sei das doch auch legitim. Für Produktion und Verkauf sei ein einzelner Arbeitstag mehr nutzlos. Davon ist Stefan Schwarz, Betriebsratsvorsitzender beim Lebensmittelunternehmen Feneberg, überzeugt. Außerdem findet er, dass Feiertage fürs gesellschaftliche Leben sehr wertvoll seien: 'Diese Tage gibt es aus bestimmten Gründen. Kein einziger von ihnen sollte gestrichen werden.' Zitat Schröders Argument, dass man mit einem abgeschafften Feiertag die Wirtschaft ankurbeln kann, ist völliger Blödsinn.} Christian Betz, Verdi-Geschäftsführer des Bezirks Allgäu Das wiederum sieht Liebherr-Geschäftsführer Friedrich Hesemann ganz anders: '13 Feiertage in Bayern sind eindeutig zu viel.' Wenn es nach ihm ginge, könne die Regierung noch zwei weitere freie Tage für die Arbeitnehmer streichen, um auf 'eine vernünftige Anzahl' zu kommen. 'Ein Ausfalltag weniger bedeutet mehr Produktion und Termine können leichter eingehalten werden', betont der Geschäftsführer der Firma, die in Kempten und Ettlingen gut 1000 Mitarbeiter beschäftigt: 'Deswegen ist mir jeder Feiertag lieb, der nicht stattfindet.' Ähnliche Ansichten hat da auch Peter Stubner, Geschäftsführer des Wärmedämmstoff-Herstellers Porextherm: 'Der Kostenstandort Deutschland ist mit Feiertagen ohnehin gut bestückt. Einer weniger schadet da nicht.' Allerdings hätte Stubner nicht gerade den 3. Oktober gestrichen. Grundsätzlich hält er den Wegfall aber für vertretbar. Stubner: 'Tragischer wäre, wenn hunderttausende Arbeitsplätze wegfielen, weil nur noch im Ausland produziert wird.'

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