Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Anonyme Briefe landen beim Amtsgericht

Allgäu

Anonyme Briefe landen beim Amtsgericht

    • |
    • |

    Lindau | mb | Für viel Unverständnis hat das Urteil des Landgerichts Kempten gesorgt, nach dem ein 24-Jähriger vom bayerischen Bodensee mit einer Bewährungsstrafe davongekommen ist, nachdem er vor einem Jahr in der Lindauer Fußgängerzone ein 17-jähriges Mädchen krankenhausreif geprügelt hatte. Das Mädchen hatte nach mehreren Tritten gegen den Kopf eine Gehirnerschütterung, einen Trommelfellriss und diverse Prellungen.

    Außerdem drohte er der 17-Jährigen, sie umzubringen, wenn sie der Polizei etwas sage. Auch Stunden später war der Täter im Krankenhaus noch auf den völlig unbeteiligten Vater eines Bekannten losgegangen und hatte ihm das Nasenbein gebrochen sowie mehrere Zähne ausgeschlagen.

    Eine ganze Reihe anonymer Briefe in dieser Sache sind in den letzten Tagen auch beim Lindauer Amtsgericht gelandet. "Es schreit gewaltig gen Himmel", heißt es etwa in einem Brief, der sich im dortigen Briefkasten fand. Von einer "Lobeshymne eines Richters" auf den Täter ist da die Rede, das Ganze sei "kaum zu glauben, aber wahr". Die Richter des Lindauer Amtsgerichts sind jedoch eher verwundert über solche Vorwürfe. War es doch das Amtsgericht Lindau, das den 24-Jährigen im März zu einer empfindlichen Freiheitsstrafe von 25 Monaten ohne Bewährung verurteilt hatte.

    Erst nachdem der Anwalt des Täters Berufung eingelegt hatte, kam es zu dem Verfahren vor dem Landgericht Kempten, nach dem die Strafe abgemildert wurde. Vor allem wurde die Haft zur Bewährung ausgesetzt, weshalb der 24-Jährige derzeit auf freiem Fuß ist.

    Falscher Empfänger

    "Der Mensch sieht, was er sehen will", kommentiert der Lindauer Amtsgerichtsdirektor Paul Kind die Briefe, die folglich schlicht an den falschen Empfänger gerichtet wurden. Tatsächlich war es der Kemptener Richter Helmut Krause, der das mildere Urteil verhängte und in seiner Urteilsbegründung die Bemühungen des Angeklagten um soziale Integration ausgiebig gewürdigt hatte. Er hatte herausgestellt, dass der Täter nicht nur seine Ausbildung fortführe, sondern darüber hinaus noch jobbe, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren.

    Allerdings basierte die Einschätzung offenbar auf falschen Voraussetzungen. Denn seine Lehrstelle hat der Täter bereits vor zwei Monaten verloren, weil er wiederholt und tagelang nicht zur Arbeit erschienen war.

    Wie berichtet hat jedoch vor wenigen Tagen die Staatsanwalt Revision gegen das Urteil eingelegt, weshalb es jetzt einmal vom Oberlandesgericht München überprüft werden muss. Die Revision beschränkt sich jedoch auf die Rechtsfolgen, was bedeutet, dass unbestritten ist, dass der 24-jährige die Taten begangenen hat, so dass auch das Opfer nicht erneut als Zeugin gehört werden müsste. Es geht vielmehr um das Strafmaß, das aus gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung resultiert.

    Das Lindauer Amtsgericht ist aber dennoch weiterhin mit dem Fall befasst. Erstens läuft hier ein Gewaltschutzverfahren gegen den 24-Jährigen, der sich nach dem sogenannten "Stalkingparagrafen" nicht näher als 50 Meter an das Opfer seiner Prügelei annähern darf, wogegen er jedoch bereits mehrfach verstoßen hat. Außerdem ist eine Mietsache anhängig, die in einigen Wochen verhandelt werden soll.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden