Hatte der Mann im November 2009 nun die Dame von der kommunalen Verkehrsüberwachung beleidigt oder nicht? Der Richter sagte ja und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe. Ein Bekannter des Verurteilten, der wegen eines Knöllchens ausfällig wurde, sagte nein. Die Quittung dafür bekam der 43-Jährige jetzt in einer eigenen Verhandlung. Wegen uneidlicher Falschaussage war er angeklagt und wurde deshalb auch vom Kemptener Amtsgericht verurteilt. Zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr - ohne Bewährung.
Wahrheit oder Lüge? Um das herauszufinden, rollte Richter Hans-Peter Schlosser die Sache aus dem Jahr 2009 noch einmal auf. Damals ging es um einen Streit in der Stiftsstadt, wo der Bekannte des jetzt Angeklagten wohnt. Ständig, so betonte der Mann - diesmal als Zeuge - herrsche dort Parkplatznot. Einen Anwohnerausweis habe er zu dem Zeitpunkt nicht gehabt. Da er aber Möbel transportieren wollte, stellte er seinen Wagen verbotenerweise vor seinem Haus ab - und erhielt prompt ein Knöllchen. Erst kam es zum Streitgespräch zwischen Anwohner und Parküberwacherin, dann fiel die Beleidigung. Und zwar gegenüber dem Bekannten, die Parküberwacherin aber bekam alles mit und ging zur Polizei.
In der Verhandlung gegen den Anwohner hatte der nun Angeklagte als Zeuge ausgesagt, eine Beleidigung habe es nicht gegeben. Doch nachdem auch die Parküberwacherin erneut ausgesagt hatte, war sich Richter Schlosser sicher: Der 43-Jährige hatte gelogen. In seinem Urteil folgte er der Forderung des Staatsanwalts. Dieser hatte eine einjährige Freiheitsstrafe für den Mann gefordert. Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Dass der Angeklagte wegen seiner Falschaussage ins Gefängnis muss, hängt damit zusammen, dass er bereits mehrere Vorstrafen hat und gerade unter Bewährung stand.
Doch auch ganz generell, erläutert Katrin Eger, Sprecherin der Kemptener Staatsanwaltschaft, stehen auf ein solches Vergehen empfindliche Strafen. So seien Geldbußen vom Gesetzgeber gar nicht vorgesehen. Warum das so ist, erklärte Hans-Peter Schlosser noch in der Sitzung: "Wir können hier einpacken, wenn die Zeugen uns nach Lust und Laune anlügen", meinte er. Schließlich gehe es da um die Grundlagen des Rechtsstaats.
Dass es mit der Wahrheit nicht jeder genau nimmt, zeigen die Termine am Gericht: Immer wieder finden deshalb Verhandlungen statt. Weder das Gericht, noch die Staatsanwaltschaft führen Statistik. Eine Zahl gibt es aber von der Polizei.
Laut deren Sprecher Sven-Oliver Klinke ermittelten die Beamten im Bereich des Präsidiums Schwaben Süd/West im Jahr 2009 in rund 150 Fällen, in denen die Wahrheit verdreht wurde. In der Regel ging es um uneidliche Falschaussage, seltener um Meineid.
Übrigens: Der Fall des 43-Jährigen wird laut Schlosser "in die nächste Runde" gehen. Der Mann hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.