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Amüsement, Kunstgenuss und sprechende Fagotte

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Amüsement, Kunstgenuss und sprechende Fagotte

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    BuchloeWas den Streichern recht ist, ist den Bläsern billig: Analog zum Streichquartett haben sich ähnliche Kammermusikbesetzungen bei der 'blasenden Zunft' gebildet. Saxophone, Klarinetten, Posaunen treten immer wieder in kleinen Gruppen auf - ebenso Fagotte. Ein solches Ensemble ist 'Fagotti parlandi' (sprechende Fagotte) aus Augsburg.

    Karsten Nagel, Fagottprofessor an der Musikhochschule, und seine Frau Julia Nagel-Santarius präsentierten mit Leonhard Hauske (Fagottlehrer beim Jugendmusikwerk), Martin Freitag und Song-Lee Kwak im Buchloer Rathaussaal Werke vom Frühbarock bis zur Gegenwart.

    Begonnen wurde mit zwei Stücken von Johann E. Kindermann (1616 - 1655), entstanden in einer Zeit, als es kaum feste Instrumentationsvorschriften gab. Die Intrada hätte in einer Fassung für Blechbläser ebenso gut geklungen. Eine Uminstrumentierung des Originals war auch die Sonata II in C von Georg Christoph Wagenseil (1715 - 1777), ursprünglich komponiert für drei Violoncelli und Kontrabass. Entsprechend viel streicherspezifisches Figurenlaufwerk war zu hören, auch im sehr gesanglichen Kontrafagott, das man in anderem Zusammenhang nur mit knarzenden Haltetönen wahrnimmt.

    Sehr opernhaft klang das bisweilen hochvirtuose Trio op. 17/1 von Henri Joseph Castil-Blaze (1784 - 1857), gekrönt von einem tänzerischen Rondo in der Art eines Fandangos. Sehr expressiv ging es im Adagio KV 365 von Mozart zu: Das ursprünglich für Glasharmonika geschriebene Stück büßte in der Fassung für drei Fagotte nichts von seinem Charakter ein.

    Seriöse Information und lockere Randbemerkungen

    Nagel hielt als Moderator stets die Balance zwischen seriöser Fachinformation und lockeren Randbemerkungen. Worauf er immer wieder zu sprechen kam: die geringe Menge an Originalwerken für Fagottensemble. Zwei originelle Stücke präsentierte er dann doch; die Münchener Miniaturen seines Lehrers Karl Kolbinger (geboren 1921 und persönlich anwesend) und eine originelle Folge von Händel-Variationen des Briten Geoffrey Hartley (1906 - 1992). Kolbinger habe, so Nagel, als erster das Vibratospiel auf dem Fagott gelehrt. 'Sonst dachte man bei Fagott immer an den Hamburger Hafen.' Kolbingers Werk verarbeitet auf originelle Weise Elemente bayerischer Volksmusik, so im stark rhythmisierten 'Schäfflertanz', in einer Fuge über das 'Alte Peter'-Thema oder in der 'Valentin-Paraphrase' mit den obligaten 'Alten Rittersleut'. Hartley bringt Händels Musik mit einem Wiener Walzer, einer Habanera oder einem 6/8-Marsch in bester Sousa-Manier in Verbindung.

    Angekündigt waren auch einige 'Überraschungen' und man staunte nicht schlecht, welche Musik man für Fagottensemble bearbeiten kann: eine Tenorarie aus Puccinis 'Turandot', eine Schnellpolka, Glenn Millers 'Moonlight Serenade' oder den Beatles-Hit 'Yesterday'. Musikschulleiterin Christiane Eberhard meinte zum Schluss: Im Konzert gebe es entweder Amüsement oder Kunstgenuss, 'heute Abend hatten wir beides.' J. Buch

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