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Ambulante Hilfe auf wackligen Beinen

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Ambulante Hilfe auf wackligen Beinen

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    Oberallgäu/Kempten (sf/elm). Alte Menschen, körperlich und psychisch Kranke: Sie werden, wenn sie nicht in einem Krankenhaus oder Pflegeheim sind, von ambulanten Diensten der Wohlfahrtsverbände betreut. Doch wie lange noch? Bei einem Treffen mit SPD-Landtagsabgeordneten sahen die Vertreter von Oberallgäuer und Kemptener Organisationen in einigen Bereichen schwarz für die Zukunft. Die Aussagen gleichen sich: Immer mehr Bürokratie einerseits und eine nicht Kosten deckende Vergütung durch öffentliche Hand und Krankenkassen andererseits treiben die Dienste in den Ruin. Derzeit würden die Defizite zwar durch Einsparungen und Spenden aufgefangen, aber manches Angebot steht schon auf wackligen Beinen. Wir brauchen einen verlässlichen Partner im Bezirk, und den haben wir im Moment nicht, kritisiert Reinhold Scharpf vom Verein für Körperbehinderte Allgäu. Für die ambulante Pflege des Roten Kreuzes in Kempten beispielsweise sieht Alexander Schwägerl wenig Zukunft, wenn sich nichts ändert: Dann müssten wir schließen, erklärt der Geschäftsführer des Roten Kreuzes Oberallgäu. Seine Organisation mache allein in Kempten im Jahr bei der ambulanten Pflege 65 000 Euro minus. Im Umland werde das Defizit zwar noch von den Krankenpflegevereinen aufgefangen, mit denen das Rote Kreuz zusammenarbeitet. Aber da kann man sich ausrechnen, wann das Vereinsvermögen aufgebracht ist, so Schwägerl.

    Anders sei die Lage im südlichen Landkreis: Hier ist die ambulante Pflege zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Gefahr. Denn im Süden könne man Synergieeffekte besser nutzen. Die Personalkosten würden aber auch hier nicht durch die Erstattungen der Kranken- und Pflegekassen gedeckt. Pflegedienstleiterin Gerhild Kruse rechnet vor: Im Schnitt koste die Arbeitsstunde einer Pflegefachkraft - Personal- und Sachaufwand - 38 Euro. Aber nur 26 Euro werden von den Kostenträgern vergütet, so Kruse: Macht zwölf Euro Minus pro Stunde. Sorgen macht sich Schwägerl um die ambulante Tagespflege in Immenstadt mit derzeit 20 bis 25 Kunden. Hier sei das jährliche Defizit so hoch, dass man über eine Schließung nachdenken müsse. Hochrechnungen für 2003 ließen allerdings noch Hoffnung zu. Bei der Diakonie bereitet Geschäftsführer Wolfgang Grieshammer vor allem der sozialpsychiatrische Dienst Kopfzerbrechen, der im vergangenen Jahr im Bereich Kempten/Oberallgäu/Lindau 343 Klienten (davon 108 im Raum Sonthofen) und 144 Angehörige betreute. Nachdem der Bezirk angekündigt habe, seinen Zuschuss herunterzufahren, und auch die Krankenkassen sich zurückziehen, müsse er eineinhalb Personalstellen streichen, kündigt Grieshammer an: Wir sind die Letzten, uns beißen die Hunde. Diese Streichung betreffe Kempten, nicht Außenstellen wie Sonthofen.

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