Viele halten sie für einen Segen, andere wiederum für einen Fluch: die ständige Erreichbarkeit, die ein Handy mit sich bringt. Inzwischen hat so gut wieder jeder Bundesbürger ein Mobiltelefon. Die Zahl der Handys ist zwischen 1994 und 2008 von 2,5 auf 107,2 Millionen gestiegen. Und mittlerweile kann der Mensch mit seinem treuesten technischen Begleiter nicht nur telefonieren, sondern auch im Internet surfen, Spiele spielen, Videos drehen oder eine komplette Musiksammlung im MP3-Format mit sich herumtragen. Doch wie nutzen die Westallgäuer ihre Handys? Wir haben bei Vertretern aus den Bereichen Politik, Kirche, Sport, Kultur und Medizin einmal nachgefragt.
Eberhard Rotter, Landtagsabgeordneter aus Weiler: "Ich dachte lange Zeit, es geht ohne. Doch ein Handy gehört heutzutage einfach dazu", sagt der Politiker, der "seit zehn bis zwölf Jahren" ein Mobiltelefon sein Eigen nennt. Rotter geht selbst zwar in der Regel nie ohne Handy aus dem Haus ("damit ich für meine Frau und meine Kinder erreichbar bin"), doch er versucht, seine Erreichbarkeit einzuschränken. "Meine Handynummer gebe ich nur selten raus. Häufig wird man genau dann gestört, wenn es nicht passt", findet er und nennt als Beispiel die Sitzungen im Landtag in München. Aus Rücksicht auf seine Mitmenschen stellt er sein Handy eigentlich immer auf lautlos. "Vibrationsalarm genügt. Ich finde es furchtbar peinlich, wenn Handys auffällig laut klingeln", sagt der Weilerer. Nachts schaltet er das Handy aus - und auch tagsüber, wenn er zu Hause ist.
"Die Hauptquelle, über die ich zu erreichen bin, sollte das Festnetz sein. Dort ist auch ständig ein Anrufbeantworter geschaltet", erzählt Rotter. Auf ausgefallenen Schnickschnack verzichtet er. Hauptsache ist, dass er mit dem Gerät telefonieren kann. Und SMS schreiben. "Das aber nur relativ selten - am meisten mit meiner 16-jährigen Tochter", verrät der Landtagsabgeordnete.
Matthias Bentz, Bürgermeister von Opfenbach: Er hat kein Geschäftshandy. Sein privates verwendet er auch beruflich. Besonders wichtig ist ihm dabei die Kalenderfunktion. "Mein Handy ist mein Terminkalender, den ich immer dabei habe", erzählt Bentz. Über seinen Computer speist er Termine ein, die dann direkt auf dem Handy erscheinen. Aufgrund dieser Funktion kann sich der Politiker ein Leben ohne Handy nur schwer vorstellen.
"Es würde bestimmt irgendwie gehen, aber mit Handy ist es einfach komfortabler", meint Bentz. Auch telefonieren muss der Bürgermeister viel mit seinem Mobiltelefon, deswegen hat er einen Tarif mit Freiminuten. Die dazugehörigen Frei-SMS benutzt er allerdings wenig und nur privat. Nachts und im Urlaub schaltet Bentz sein Handy aus, "weil ich nicht gestört werden will".
Thomas Steiner, Vorsitzender des Musikvereins Scheidegg: Vor zwei Monaten hat sich Steiner für das Bezirksmusikfest sein erstes Handy zugelegt. "Davor habe ich es nicht gebraucht", erzählt er. Da der Organisator für die Feierlichkeiten erreichbar sein musste, konnte er auf ein mobiles Telefon nicht mehr verzichten.
Das Bezirksmusikfest ist vorbei, aber das Handy bleibt: "Jetzt nutze ich es als Notfallhandy, wenn ich zum Beispiel mit dem Fahrrad unterwegs bin", berichtet Steiner. Oft benutzt er es aber nicht: "Wenn ich zweimal in der Woche eine Nummer wähle, ist es schon viel." Auf ein Geschäftshandy verzichtet der Unternehmer immer noch. In seiner Druckerei ist er auf dem Festnetz zu erreichen, schließlich ist er "zu 95 Prozent im Haus", so Steiner. "Und am Wochenende will ich meine Ruhe", sagt er. Das neue Privathandy ist selten angeschaltet. Nachts und im Urlaub ist es immer aus. In der kurzen Zeit, in der er das Mobiltelefon besitzt, betrug Steiners höchste Telefonrechnung etwa sieben Euro. Und das zu Zeiten des Bezirksmusikfestes.
Herbert Mader, Pfarrer der Gemeinden Stiefenhofen, Grünenbach und Ebratshofen: Vor sechs bis sieben Jahren hat sich der Geistliche entschlossen, sich ein Handy zuzulegen. "Ich bin nach Würzburg gefahren und auf dem Weg ist mir ein Reifen geplatzt", erzählt Mader. Damals hat ein hilfsbereiter Mann den ADAC für den Kirchenvertreter angerufen. Trotzdem hat Mader beschlossen, sich für zukünftige Notfälle selbst mit einem Handy zu wappnen. Seitdem benutzt er es vor allem auf Reisen. "Unterwegs habe ich mein Handy dabei", berichtet der Pfarrer. "Damit ich erreichbar bin." Das Handy ist nach Meinung des Geistlichen eine Erleichterung. Was er nicht versteht, ist die ständige Diskussion über Sendemasten: "Es ist doch komisch, dass alle über die Handymasten jammern, aber jeder benutzt ein Handy.
" Für SMS und andere Spielereien verwendet Mader das Mobiltelefon nicht. "Da bin ich altmodisch", findet der Pfarrer. "Das ist eher etwas für Jüngere."
Johannes-Georg von Olnhausen, Tierarzt aus Gestratz: "Wenn ich da bin, muss ich erreichbar sein", sagt der Mediziner. Von Olnhausen besitzt ein Geschäftshandy, das rund um die Uhr an ist, auch nachts. "Es liegt nicht neben dem Bett, aber so, dass ich es höre", erzählt der Gestratzer. Für die Halter seiner tierischen Patienten ist er also immer zu erreichen. Nur wenn der Arzt im Urlaub ist, nimmt er das Mobiltelefon nicht mit. "Dann bleibt das Handy meistens in der Praxis für meine Vertretung", so von Olnhausen. Das Handy des Tierarztes ist täglich "mehrere zehnmal" in Gebrauch. SMS schreibt der Mediziner dabei kaum.
Ein extra Privathandy besitzt er nicht, da seine Frau eines hat. Das reicht für beide. Außerdem findet er: "Bei mir ist Privat- und Geschäftsleben so verflochten, dass es sich für mich nicht rentiert, noch ein privates Handy anzuschaffen."
Joachim Zwerger, Geschäftsführer von KR-Sportmarketing (Oberstaufen) und UEFA-Spielevermittler aus Weiler: Fußball gilt als schnelllebiges Tagesgeschäft, in dem es oft auf Stunden oder Minuten ankommt. "Du musst immer erreichbar sein", sagt Joachim Zwerger. Ob bei der Vermittlung von Trainingslagern, der Organisation von Spielen oder der Abwicklung von Transfers - "es geht oft hin und her zwischen Vereinen, Spielern und Trainern", sagt der Weilerer, der einst Fußball-Weltmeister Karl-Heinz Riedle gefördert hat und heute noch zu dessen engsten Vertrauten gehört.
Deshalb hat Zwerger sein Handy eigentlich immer dabei. Mit einer Ausnahme: "Wenn ich privat aus dem Haus gehe oder auf einem Fest bin. Dann sind mir meine Gesprächspartner vor Ort wichtiger." Nachts bleibt das Handy, dessen Klingelton eine Melodie der Hintersteiner Musikanten ist, bei ihm eingeschaltet. Allerdings bewahrt er es in einem Nebenraum auf. Bereits in den 90er-Jahren hatte Zwerger ein mobiles Telefon im Schlepptau. Damals arbeitete er noch bei der Telekom und war für das Projekt "Aufbauhilfe Ost" in den neuen Bundesländern unterwegs. Sein ständiger Begleiter: Ein kleiner Koffer, etwa 40 x 40 Zentimeter groß, der als Telefon für das damalige C-Netz diente.