Von Anna Köhl|KemptenDas Karussell ist schon aufgebaut, aber die Sitze an den langen Ketten sind noch leer. Auch die Buden sind verhangen und warten auf den Ansturm der Marktbesucher. Dann aber geht es los: Musik wird erklingen und das Karussell seine Runden drehen.
Mit diesem vergleichsweise kleinen Ölgemälde aus dem Jahr 1952 beginnt die Ausstellung 'Maximilian Rueß - Bilder aus vier Jahrzehnten' in der Kunsthalle Kempten. Sie zeigt die verschiedenen Schaffensphasen des 1925 in Oberstdorf geborenen und 1990 in München verstorbenen Künstlers und stellt das malerische Werk in den Mittelpunkt.
Gleichsam als Auftakt zu der Präsentation, die von den Museen der Stadt Kempten in Zusammenarbeit mit der schwäbischen Galerie im Volkskundemuseum Oberschönenfeld veranstaltet wird, kann auch die 1952 entstandene Arbeit 'Zirkus' betrachtet werden. Als würde Maximilian Rueß den Betrachter auf seine nächste Periode vorbereiten wollen.
Zunächst sind es stille Landschafts- und Zirkusbilder in der Tradition des Expressiven Realismus und in reichen Farben, die zum Rundgang einladen. Dann jedoch kommen die Menschenbilder aus der nächsten Phase hinzu. Tiefsinnig, nachdenklich und hintergründig treten die Figuren in der 'Ballade des Harlekin' aus dunklem Grund in gespenstisches Licht. Ebenfalls aus den 1960er Jahren zeichnen sich die Landschaftsbilder, etwa 'Himmel und Erde', durch eine starke Oberflächengestaltung ab. Die Farbgebung erinnert an metallische Gestaltungen und besitzt einen sphärischen Gestus.
Eine neue Epoche zieht herauf
In den 1970er und 1980er Jahren wandelt Rueß seine Landschaftsbilder noch einmal, abstrahiert und akzentuiert stark farbige Kompositionen. Im krassen Gegensatz dazu stehen seine biblischen und mythologischen Motive in Harz auf Holzfaserplatten aus der gleichen Zeit. Die Figurengruppen haben alles Weiche, Sinnliche und Liebliche verloren. Wie gemeißelt heben sich Konturen und Gesichtszüge in der 'Pietà' und 'Die Eile' ab.
Als sei der Weg zu Ende gegangen, so unerbittlich zieht eine neue Epoche herauf. Der Künstler fasst sie in erdigen Tönen, taucht die Gestalten in fahles Licht und lässt sanft ein wärmendes Rot hereinspielen.
Keineswegs eine Ergänzung, sondern eine Bereicherung in der Gesamtschau bilden die wenigen, gezielt präsentierten Bronze- und Kupferarbeiten.
Öffnungszeiten (bis 15. Juni) in der Kunsthalle Kempten: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 16 Uhr, Donnerstag, 10 bis 18 Uhr. Begleitend werden Führungen durch die Ausstellung angeboten: 10. Mai (11 Uhr), 11. Mai (11 Uhr), 12. Mai (11 Uhr), 15. Mai (17 Uhr), 5. Juni (17 Uhr), 15. Juni (11 Uhr). Infos zu Maximilian Rueß im Internet: