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Als Loomit ist der Allgäuer Mathias Köhler der bekannteste deutsche Graffiti-Sprayer

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Als Loomit ist der Allgäuer Mathias Köhler der bekannteste deutsche Graffiti-Sprayer

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    Als Loomit ist der Allgäuer Mathias Köhler der bekannteste deutsche Graffiti-Sprayer
    Als Loomit ist der Allgäuer Mathias Köhler der bekannteste deutsche Graffiti-Sprayer Foto: muellerni

    Man muss Glück haben, um sich mit Loomit an einem Tag unter der Woche in München verabreden zu können. Der Mann ist viel unterwegs. Zuletzt führte ihn die Arbeit nach Indien. Er ist erst seit ein paar Tagen wieder zu Hause und in seinem Büro im Münchner Osten anzutreffen. Dienstreise nach Indien? Was der 43-Jährige beruflich macht, dass er mal kurz in den Flieger steigt und nach Indien jettet?

    Wer sich in Loomits Büro im Kunstpark Ost in München umschaut, weiß nach kurzer Zeit Bescheid: Überall stehen Sprühdosen herum, überall liegen Farben und Stifte. Hier ein Kunstwerk, dort ein Kunstwerk. Loomit ist Graffitikünstler. Na ja, nicht irgendeiner, sondern der wohl bekannteste deutsche Sprayer und jener, der am besten im Geschäft ist. Zuletzt beauftragte ihn die Paulaner-Brauerei, einen Sonderkrug künstlerisch zu gestalten. Das macht das Unternehmen jedes Jahr. Aber noch nie wurde einem Graffitikünstler dieses Angebot unterbreitet.

    Das ist nicht nur für Loomit der Beweis dafür, dass sich das professionelle Sprühen seinen festen Platz im Reigen der Kunst erkämpft hat. Wenn sich selbst Leute wie der Paulaner-Boss Andreas Steinfatt, der mit seinem Unternehmen für Tradition steht, inzwischen Loomits Dienste sichern.

    Loomit heißt mit bürgerlichem Namen Mathias Köhler und lebte als Jugendlicher im Allgäu, wo er auch seine ersten Erfahrungen in der Graffiti-Szene machte. Heute landen Aufträge von D2/Mannesmann, Kaiser’s Kaffee, German Parcel Service, der Deutschen Bahn, von Opel oder von der Band 'Fury in the Slaughterhouse' auf dem Schreibtisch des Künstlers.

    Seine Kunstwerke sind in vielen europäischen Städten verewigt, aber auch in Asien, Australien oder Amerika. 'Die Bronx in New York', sagt er, 'ist beinahe mein zweites Zuhause.' Gleich nach dem Abitur ist Loomit dorthin geflogen, an den Puls dieser Kunstart. Bei Kollege 'Seen' ist er in die Lehre gegangen. Der war schon damals sein Idol und einer der führenden Graffitikünstler in Übersee.

    'Von ihm habe ich sehr viel gelernt', sagt Loomit. In einer Gegend wie der der Bronx, glaubt der Münchner, könnte die Spraykunst besonders gut atmen. Längst ist sie aber auch schon in Deutschland angekommen.

    Wieder einmal klingelt Loomits Telefon an diesem Vormittag. Am anderen Ende ist eine Lehrerin, die mit ihm die nächsten Termine absprechen will. Dann schultert er seine Tasche mit den Farben und Dosen und macht sich auf den Weg zu Münchner Schulen. Mit den Mädchen und Buben erarbeitet er im Rahmen von Workshops Kunstwerke. Praktische, kreative Arbeit nennen das die Pädagogen, und sie sind froh, dass sich Loomit, selbst Vater von zwei Kindern, Zeit für die künstlerische Betreuung der Schüler nimmt.

    Illustratives Graffiti: So beschreibt Loomit seinen Stil, und er betont, dass es für ihn keine künstlerischen Grenzen gibt. Mythische Elemente, transzendentale Inhalte findet man bei seinen Arbeiten, viel Perspektive und Struktur. Ein zentrales Motiv ist die Allgäuer Kuh. Denn Loomit verbrachte seine Kindheit in Buchloe und in Kaufbeuren. Seit vielen Jahren allerdings lebt er zusammen mit seiner Frau und den beiden Kindern Pal und Lucie in München, in einem selbst umgebauten Haus mit Hinterhof und Grünflächen in nächster Nähe. Lebensqualität ist ihm wichtig.

    Allerdings: Zu Hause ist er eher selten anzutreffen. Zu sehr ist er von seiner Arbeit beseelt, und die schickt ihn rund um den Globus, in alle Kontinente dieser Welt. Diese Reisen, auch wenn sie nicht immer unanstrengend sind, genießt er. 'Ich will die Welt sehen', sagt er, 'andere Sitten und Kulturen kennenlernen.'

    Das sei in seinem Beruf als Graffitikünstler wichtig. Augen auf bei den Reisen in ferne Länder, heißt sein Motto, und deshalb ist er auch oft auf Menschen gestoßen, deren Rechte mit Füßen getreten wurden. Solche Begegnungen berühren ihn, machen ihn mitunter wütend. Und sie inspirieren ihn für seine nächsten Aufträge. Wie vor Jahren bei der Bundesgartenschau in München. Dort hatten sie ihn beauftragt, künstlerisch am Eingang der Schau auf das Thema Menschenrechte aufmerksam zu machen.

    Eine wichtige Arbeit, erinnert er sich. Immerhin erreichte er rund zwei Millionen Menschen, die am Kunstwerk vorbeigegangen sind.

    Es ist erstaunlich, wie sich die Sprayer-Szene etabliert hat. Ein Blick zurück: Als Jugendlicher wurde Loomit im Allgäu mal auf frischer Tat ertappt. Beim Besprühen von Zugwaggons. Er landete auf der Polizeiwache, wo ihn seine Mutter abholen musste. Danach kam’s noch dicker, denn die Bahn stellte Schadenersatzforderungen in Höhe von 60 000 Mark. Es kam zu einem Vergleich, und Loomits Mutter musste 10 000 Mark bezahlen. Sie sagt heute: 'Ich betrachtete diese Summe als eine Art Ausbildungshilfe.'

    Loomit machte also weiter mit seinen Arbeiten, den Pieces, und aus dem Bestraften von damals ist der Franz Beckenbauer der deutschen Graffiti-Szene geworden, dessen Kunstwerke auch viele Prominente kaufen. Zum Beispiel Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, bei dem im Badezimmer ein echter 'Loomit' hängt.

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