Von Markus Bär|KaufbeurenLatein war einmaldieWeltsprache. Gelehrte des Mittelalters schrieben und sprachen bei internationalen Treffen in diesem Idiom, das zu dieser Zeit im Volk Italiens längst durch seine sprachliche Weiterentwicklung, das Italienische, ersetzt worden war. Aber Latein war und ist auch die Sprache der römisch-katholischen Kirche.
'Um die Einheit der Kirche besser zum Ausdruck zu bringen'
Im Vatikan werden immer noch alle wichtigen Dokumente auf Latein verfasst. Papst Benedikt hatte kürzlich erst laut darüber nachgedacht, dass in Gottesdiensten wieder mehr Latein benutzt werden soll: 'Um die Einheit und die Universalität der Kirche besser zum Ausdruck zu bringen, möchte ich empfehlen: Es ist gut, wenn außer den Lesungen, der Predigt und den Fürbitten der Gläubigen die Feier in lateinischer Sprache gehalten wird; ebenso sollen die bekanntesten Gebete aus der Überlieferung der Kirche in Latein gesprochen werden.'
Heute ist es üblich, dass die katholische Messe in der jeweiligen Landessprache gehalten wird. Doch viele Kaufbeurer erinnern sich noch, dass das einmal ganz anders war. Vor 1965, vor dem Ende des II. Vatikanischen Konzils, wurde die Heilige Messe anders gefeiert. Klaus Scheidl, seit vielen Jahren Kirchenpfleger in St. Ulrich, war Ministrant in der Heilig-Kreuz-Kirche am Alten Friedhof. 'Ich habe als Zehnjähriger in den 50er Jahren als Ministrant begonnen und nie Latein in der Schule gehabt. Da war pures Auswendiglernen angesagt. Der Text wurde dann abgefragt.' Aber nicht nur das Lateinische dominierte, die ganze Liturgie unterschied sich.
'Es gab keinen Volksaltar und keinen Ambo. Der Priester sprach von der Gemeinde abgewandt zum Hochaltar, natürlich alles auf Latein', erinnert sich der Diplom-Theologe Franz Hurler, der ebenfalls zur Ulrichsgemeinde gehört. Wenn der Pfarrer sein 'Dominus vobiscum' an die Gemeinde richtete, dann erwiderte diese 'Et cum spiritu tuo' - was dem heutigen 'Der Herr sei mit Euch', 'Und mit Deinem Geiste' identisch ist.
Zeitgleich wurde an mehreren Seitenaltären zelebriert
Zum Teil feierten weitere Pfarrer zeitgleich an Seitenaltären. 'Wir Ministranten haben dann geschaut, welcher Geistliche am schnellsten war', so Hurler. '50 Pfennig war das Salär pro Messe, das war damals viel Geld.' Nur die Predigt - von der Kanzel - wurde auf Deutsch gehalten. 'Sonst hätten die Menschen ja überhaupt nichts verstanden.' Nach 1965 wurde der Volksaltar eingeführt, die Gemeinde sollte ganz bewusst miteingebunden werden, das Lateinische durch die jeweilige Landessprache ersetzt. Sowohl Hurler als auch Scheidl sind über diese Wendung immer noch froh: 'Bewusst kann man einem Gottesdienst nur folgen, wenn er in einer Sprache abgehalten wird, die ich verstehe.'
Dr. Christoph Goldt, Sprecher der Diözese Augsburg, betonte, dass Priester heute nach wie vor Messen vollständig auf Latein halten könnten. 'Das ist gestattet.'
Das Zelebrieren nach dem tridentinischen Ritus, also in Richtung Hochaltar und ohne Volksaltar wie vor 1965, ist eher selten - wird aber in der Diözese Augsburg zum Beispiel bei der St. Petrus-Bruderschaft im Westallgäuer Wigratzbad und in der Augsburger Kirche St. Margareth vom Augsburger Bischof gestattet.