ZDF zeichnet in Oberstdorf Superwunschkonzert auf Diesmals kein Krieg nach Noten Von Jürgen Stöcker Oberstdorf Wenn das ZDF in diesen Tagen in Oberstdorf sein Superwunschkonzert mit einem großen Star-Aufgebot zum Muttertag aufzeichnet, dann steht unterm Nebelhorn auch ein Mann im Rampenlicht, der vor 17 Jahren im Allgäu ungewollt den Krieg nach Noten auslöste, wie damals die Fernsehzeitschrift Gong titelte: Mit seiner 1984 von der ARD produzierten Show James Last im Allgäu (und der dazu veröffentlichten Langspielplatte) brachte der weltweit erfolgreichste Orchesterchef eine Leserbrief-Lawine in unserer Zeitung ins Rollen, wie es sie seitdem wohl nicht mehr gegeben hat. Nicht nur das: Brauchtums-Experten, Touristiker, Politiker und heimische Musikanten bliesen sich wochenlang gehörig den Marsch. Heute dürfte die ganze Aufregung kaum noch jemand verstehen. Im Gegenteil würde sich wohl jeder Kurdirektor darum reißen, in seinem Ort solch eine TV-Sendung verwirklichen zu können. Zwölf Millionen Deutsche schalteten seinerzeit James Last im Allgäu ein, und der bunte Melodien-Mix aus Pop-Musik, deutschem Schlager und vornehmlich Oberallgäuer Volksmusik fand dank Ausstrahlung in zig Ländern (bis hin nach Japan) ein buchstäblich grenzenloses Publikum. Einer, der die Chancen als erster erkannte und die Oberallgäuer Mitwirkenden gegen jegliche Kritik verteidigte, war Fischens Bürgermeister Toni Vogler. Eine Sendung mit Werbeeffekt für das Urlaubs- und Käseherstellerland Allgäu, lobte er. Während der frühere Bezirksheimatpfleger Dr. Hans Frei wetterte: Alphörner, Hackbretter, Berge, Jodler dienten als Blickfang für ein völlig niveauloses Programm. Die Allgäuer Musikanten mussten sich der Effekthascherei unterordnen. In seiner bekannt ironischen Art äußerte sich vor 17 Jahren Oberstdorfs Gemeindechef Eduard Geyer: Das war James Last alpin.
Dr. Erich Sepp, Leiter der Beratungsstelle für Volksmusik beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege in München, fragte fast verzweifelt : Warum muss James Last unsere schöne Musik so verhunzen? Die Walsertaler, schon immer einen Tick fortschrittlicher, wenns um Marketing für ihr Urlaubsgebiet ging, ließen durch ihren damals regierenden Bürgermeister Walter Fritz dagegen halten: Eine hervorragende Unterhaltungssendung, die unserem Fremdenverkehr sicherlich bestens bekommt. Ins gleiche Horn stieß der auch heute noch als Präsident des Allgäu-Schwäbischen Musikbunds amtierende Karl Kling: In unserer Zeit sind Kompromisse nötig. Wer das nicht verstehen will, der ist für mich ein Außenseiter. Die Oberallgäuer Musikanten, die ihren Auftritt mit James Last 1984 sichtlich genossen und ihre Popularität damit mehrten, verteidigten den bereits zu Lebzeiten legendären Bandleader, der mehr Platten verkaufte als die Beatles und Elvis Presley zusammen: Beim Kirchgang und am Stammtisch hab ich im Übrigen nur ehrlich gemeintes Lob gehört, versicherte der kürzlich verstorbene Akkordeon-Spieler Fritz Finkel (der musizierende Lokführer aus Sulzberg). Genauso erging es 1984 Klaus Braunsch von den Hintersteiner Büebe: Wo ich auch hinkam, die Leute waren zufrieden. Mir und meinen zwei Brüdern hats unwahrscheinlich gut gefallen. Die Schlagzeile eines Boulevard-Blatts Pop-Käse stinkt den Allgäuern gewaltig wurde der von unserer Zeitung ausgelösten Leserbrief-Diskussion nicht gerecht: Die Allgäuer waren in etwa zwei gleich große Lager tief gespalten in der Frage, ob die Noten eines James Last mit denen von Alphornbläsern und Hackbrettspielern harmonieren. Beim Superwunschkonzert des ZDF, das diesen Freitag aufgezeichnet und am 13. Mai ausgestrahlt wird, stellt sich diese Frage erst gar nicht: James Last ist zwar wieder mit dabei aber keine Allgäuer Musikanten