Die Gauklertruppe ist nicht gerade übertalentiert, von den Rittern, die das Unternehmen schützen sollen, hat gerade einer den Dienst quittiert und mit den 100 Gulden in der Kasse sind momentan auch keine großen Sprünge zu machen. Nur gut, dass die vielen Marktbuden ordentlich laufen und regelmäßige Einnahmen bescheren. Dass das Showgeschäft schon im Mittelalter hart war, merkt man beim Gesellschaftsspiel "König der Gaukler" recht schnell. Die Kaufbeurer Kulturinitiative Artistica Anam Cara hat das Spiel anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens entwickelt (siehe Info-Kasten). Zusammen mit Gisela und Richard Dollinger sowie Christian "Sadi" Scheidl von Anam Cara probierten es AZ-Volontär Willi Dressler und Kulturredakteur Martin Frei aus.
Umrisse des Jordanparks
Ein großes, buntes, auf Lkw-Plane gedrucktes Spielfeld deutet schon einmal auf eine vielschichtige Struktur des Spieles hin. Man erkennt die Umrisse des Kaufbeurer Jordanparks - allerdings ohne moderne Zutaten. Das Eisstadion hat sich in eine prächtige Burg verwandelt, in die die Spieler so schnell wie möglich gelangen wollen. Das gelingt aber nur, wenn man bei Gaukler-Auftritten mit seiner Truppe möglichst viele Punkte macht. Dazu wiederum braucht man Glück und Geld. Letzteres kann man durch das Aufstellen von kleinen hölzernen Marktbuden, Bühnen und Tribünen einnehmen. Hinter den Gauklern, die man für seine Truppe anwerben kann, stehen allesamt Mitglieder von Anam Cara. Diese haben - wie im wirklichen Leben - ganz unterschiedliche Talente und Spezialgebiete.
Dann kommen da noch die Karten mit verschiedenen Rittern dazu, die für den Schutz vor Gefahren eingekauft werden können.
"Einfach mal los"
"Wir spielen jetzt einfach mal los, das klappt dann ganz schnell", versichert Gisela Dollinger den nach den ersten Erklärungen stirnrunzelnden Mitspielern von der AZ. Doch tatsächlich erschließen sich Spielverlauf und -sinn relativ schnell. Dressler und Frei finden bald Gefallen an ihren immer zahlreicher werdenden Buden entlang der Jordanpark-Wege. Das bringt zwar Geld in die Kasse, aber keine Punkte. "Ihr müsst immer auch die Figuren am Rand im Auge behalten, die sind schließlich das Wichtigste", mahnt Richard Dollinger. Die farbigen Kegel, die um das Spielfeld wandern, zeigen nämlich den Punktestand an.
Gewonnen hat nicht der Reichste oder der größte Baulöwe am Tisch, sondern der beste Gaukler-Manager. "Schließlich heißt das Spiel ,König der Gaukler und nicht ,König der Buden", scherzt Gisela Dollinger.
Es braucht einige Runden, bis dann die erste Gaukler-Show steigen kann. Das fordert von den Neueinsteigern wieder die ganze Konzentration.
Nach rund zwei Stunden betritt Richard Dollinger mit seinem blauen Kegel den Schlosshof und hat gewonnen. Die Zeit ist wie im Flug vergangen - und schon allein das ist ein Zeichen dafür, dass Artistica Anam Cara da ein nicht ganz einfaches, aber kurzweiliges und anregendes Gesellschaftsspiel gelungen ist. (maf/wd)