Portrait: Als drei Mann auf die Weitnauer warteten

15. Februar 2011 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
Klaus Kiesel

Der Missener Verwaltungsmitarbeiter Andreas Mahler erinnert sich an die Gebietsreform, herben Duft im Büro und harsche Kritik

Es ist noch gar nicht so arg lange her - gerade mal 43 Jahre - da warteten in der Früh des 2. Mai drei Mann im Missener Rathaus. Der damalige Bürgermeister Gebhard Elgaß war der Meinung: "DWeitnauer weret scho komme, wenn se was wend!" Ja, es war nicht einfach, als Missen-Wilhams bei der Gebietsreform mit Weitnau zu einer Verwaltungsgemeinschaft verschmolz. Wie das praktisch ablaufen sollte, war bis zuletzt völlig unklar. Klar war nur, dass die Bürger erbittert dagegen waren. Daran erinnert sich Andreas Mahler noch genau. Wenn jemand weiß, was in den vergangenen fünf Jahrzehnten in Missen-Wilhams ablief, dann er. Denn für die meisten Bürger war er selbst die Gemeinde, hat er sich doch als einziger Verwaltungsmitarbeiter vor Ort um die Belange der Einwohner gekümmert. Seit zwei Jahren ist er in der Freistellungsphase der Altersteilzeit. Für das Allgäuer Anzeigeblatt hat er die wichtigsten Ereignisse seiner Dienstzeit zusammengefasst.

Der 63-Jährige diente unter vier Bürgermeistern, erlebte aus erster Hand, wie aus den ehemals eigenständigen Kommunen Missen und Wilhams eine Gemeinde wurde. Am 2. Januar 1962 fing er als Lehrling in der alten Gemeindekanzlei gegenüber des Gasthofs Schäffler an. "Ein Büro wie man es sich heute nicht mehr vorstellen kann. Drei alte Schreibtische, eine klapprige Schreibmaschine, viele Schränke mit Ordnern und Formularen, keine Spur von Kopierer oder Vervielfältiger, kein Tipp-Ex und über allem ein dichter Nebel von Salem ohne und HB", erinnert sich Mahler.

Er berichtet von den Errungenschaften der kleinen Gemeinde, deren Verwaltungshaushalt sich von 115000 Mark zu Beginn seiner Dienstzeit auf 2,6 Millionen Euro im vergangenen Jahr gesteigert hat.

1966 wurde aus dem alten Bade- und Eisweiher der Brauerei ein modernes Freibad errichtet, in den Jahren bis 1970 das Straßennetz der Gemeinde ausgebaut. 1971 startete der Bau der zentralen Wasserversorgung. "Die Baukosten von rund drei Millionen Mark waren damals fast nicht finanzierbar", so Mahler.

1977, noch während die Wogen bei der Gebietsreform hochschlugen, zog die Verwaltung in das Untergeschoss der neuen "Freizeitanlage" mit "Haus des Gastes". "Es gab endlich eine Zentralheizung und ein WC, das nicht bei jedem Wetterumschwung einen herben Duft verbreitete."

In den 70er und Anfang der 80er Jahre wurde auch die touristische Entwicklung der Gemeinde forciert. Die Ferienanlagen in Missen und Wilhams entstanden. Und die wohl größte Baumaßnahme in der Geschichte der Gemeinde begann: Der Bau der Kläranlage mit dem Kanalnetz. Zwölf Millionen Euro wurden damals verbaut. "Es bedurfte großer Standfestigkeit von Bürgermeister und Gemeinderat, um diese Maßnahme gegen unberechtigte und oft unsachliche Kritik durchzusetzen", sagt der Verwaltungsbeamte. 1989/90 wurde das Schulhaus neu gebaut, 1998/99 das Feuerwehrhaus errichtet. In den vergangenen Jahren investierte man vor allem in Straßen, Brücken, die Erschließung von Bauplätzen und das neue Feuerwehrfahrzeug.

Mit den Weitnauern arbeitet man laut Mahler inzwischen gut zusammen. "Der anfängliche Widerwillen hat sich bald gelegt, vor allem, weil Missen-Wilhams als der kleinere Partner immer Gehör fand." Und dank EDV-Anbindung der "Nebenstelle" Missen an die "Hauptverwaltung" in Weitnau können die Bürger auch weiterhin fast alles vor Ort erledigen.