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Als die Kindheit keine richtige Kindheit war

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Als die Kindheit keine richtige Kindheit war

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    Von Sabine Beck|Kempten/OberallgäuSo eine rechte Kindheit? Nein. Wenn Franz Abele zurück blickt und heutige Maßstäbe ansetzt, hat er keine richtige Kindheit gehabt. Als ältester Sohn einer Bauersfamilie in achter Generation war sein Weg seit seiner Geburt vorbestimmt: Er wird einmal den Hof übernehmen und damit die neunte Generation der Abele'schen Landwirtschaft begründen. Für den heute 64-Jährigen hieß das: Auf dem Hof mitarbeiten, sobald die Kräfte dazu reichten.

    Vor fast genau 65 Jahren, im Juni 1942, wurde Franz Abele geboren - als ältestes von drei Kindern. 'Den Ältesten trifft es immer mit der meisten Arbeit. So war das halt damals', erinnert sich der Landwirt aus Atzenried. Was das genau bedeutete, erfuhr der Bauerssohn von frühester Kindheit an. 'Sobald man die Heugabel lupfen konnte, musste man mithelfen', weiß Franz Abele. Im Alter von acht, neun Jahren packte der Bub dann richtig mit an, lernte das Melken und arbeitete auch im Stall. Weil nichts anderes übrig blieb. 'Damals war ja alles Handarbeit', sagt der 64-Jährige, 'da mussten wir Kinder einfach mit ran.'

    Noch vor der Schule in den Stall und im Sommer manchmal früher vom Unterricht nach Hause, um auf den Feldern mitzuarbeiten: Franz Abeles Kindheit war vor allem von Arbeit geprägt, Freizeit blieb da kaum. 'Im Nachhinein habe ich das schon als Benachteiligung empfunden', sagt der Landwirt: 'Aber damals ging es ja allen gleich.' Man sei zufrieden gewesen mit dem, was man hatte. Zumal es keine Vergleichmöglichkeiten gegeben habe. Und eines habe man den Kindern immer wieder klar gemacht: Der Hof hat Priorität, alles andere muss hinten anstehen.

    Hinten anstehen. Das mussten bei Franz Abele auch die beruflichen Wünsche. Diese 'gewisse Veranlagung' für den Beruf des Landwirts habe er zwar immer gehabt und die meisten bäuerlichen Tätigkeiten auf dem Hof hätten ihm auch Freude gemacht. Aber im Nachhinein, sagt der 64-Jährige, hätte er doch lieber einen anderen Beruf ausgeübt. Vor allem, wenn er heute an seine kleine Rente denkt.

    Selbst hat Franz Abele keine Kinder. Seinen Hof hat er 2006 - nach über 330 Jahren im Familienbesitz - verkauft. Doch was wäre gewesen, wenn der Landwirt Kinder gehabt hätte? Und diese ganz andere berufliche Vorstellungen gehabt hätten? Irgendwie, meint Franz Abele, hätte der Verständnis gehabt. 'Aber der Hof hat eben Vorrang.' Und es seien die folgenden Generationen, für die man sein ganzes Leben lang - sogar von Kindesbeinen an - schufte. 'Darum', sagt Franz Abele, 'muss es immer weitergehen.'

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