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Als das Kempter Tor in Gefahr war

Memmingen

Als das Kempter Tor in Gefahr war

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    Als das Kempter Tor in Gefahr war
    Als das Kempter Tor in Gefahr war Foto: Ralf Lienert

    Die Stadt Memmingen ist heute stolz auf ihre Vergangenheit und präsentiert die noch erhaltenen Zeugnisse der alten Reichsstadtherrlichkeit mit Selbstbewusstsein. Das war nicht immer so.

    Vor rund 120 Jahren musste sogar der damals regierende Prinzregent höchstpersönlich eingreifen, sonst hätten die Memminger ihr schönes Kempter Tor geopfert.Nach dem Ende der Napoleonischen Kriege standen Magistrat und Bürger der arm gewordenen Stadt den alten Festungswerken, den Türmen und Toren und der langsam zerbröckelnden Stadtmauer anfangs recht gleichgültig gegenüber. Als 1824 ein Teil der alten Mauer von selber einstürzte, sollten die oberen Teile abgerissen werden. Damit allerdings biss man bei der Kreisregierung auf Granit: Es gab eine königliche Verordnung, die dies untersagte.

    Erst der Bau der Eisenbahn brachte in den 1860er Jahren Bewegung in die Szene. Dem fauchenden Dampfross musste der größte Teil der östlichen Stadtmauer sowie eine Reihe bedeutender Türme geopfert werden. Es lohnte sich allerdings, denn die Bahn brachte endlich den ersehnten wirtschaftlichen Aufschwung.

    Von nun an ging es mit raschen Schritten vorwärts. Industriebetriebe siedelten sich an, die Wohnbebauung wuchs sprunghaft und der alte Mauerring war längst durchbrochen. Jeder schwärmte vom Fortschritt.

    Verkehr steigt sprunghaft an

    Welch wundersame Blüten diese Entwicklung mitunter hervorbrachte, beschreibt der Historiker Paul Hoser im zweiten Band der "Geschichte der Stadt Memmingen". Nach der Eröffnung der Eisenbahnlinie Memmingen-Leutkirch und der damit verbundenen Erweiterung des Bahnhofes stieg der Verkehr besonders am Kempter Tor sprunghaft an. Eigentlich wollte der Magistrat deshalb nur die Straße vor dem Tor verbreitern lassen und benötigte dazu einen Streifen Grund des Brauereibesitzers Hugo Bilgram.

    Bilgram plante damals einen Neubau vor dem Kempter Tor und sah jetzt seine Chance gekommen: Er wollte den Streifen nur abtreten, wenn im Gegenzug das ganze Tor abgerissen würde, das er als Verkehrshindernis betrachtete. Der Magistrat beugte sich schließlich dieser Forderung und war bereit, das markante Bauwerk zu opfern.

    Spätgotisches Schmuckstück

    Und nun kommt als "rettender Engel" der Prinzregent ins Spiel. Als er von diesen Plänen erfuhr, wies Luitpold seine Geheimkanzlei aufgebracht an, solchen Unfug sofort zu unterbinden. In einem Gutachten wurde eindringlich davor gewarnt, das spätgotische Schmuckstück der Spitzhacke zu überlassen. Memmingen habe außer seinen Toren, Kirchen und dem Rathaus fast nichts mehr, was an die einstige Bedeutung der Stadt erinnere. Daraufhin wurde der Abriss per Ministerbeschluss untersagt.

    Seitliche Durchfahrt gebaut

    Gebaut wurde schließlich zur (fast) allseitigen Zufriedenheit eine seitliche Durchfahrt, wie sie noch immer besteht und sogar dem Straßenverkehr von heute Genüge tut.

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