Winterdienst im Kürnacher Tal vor 72 Jahren. Von Michael Dumler Wiggensbach-Unterkürnach Von heftigen und strengen Wintern im Kürnacher Tal weiß Gustav Kahle (kleines Bild) zu berichten. 32 Jahre lang von 1953 bis 1985 war der Wiggensbacher der 'Förster von Unterkürnach'. 'Früher hatte der Schneepflug noch richtige Pferdestärken', erinnert sich Kahle, 'das war ein imposantes Schauspiel.' Das Jahrhundert-Foto des Försters zeigt den Räumdienst im Winter 1928/29 am Hofgut Kürnach (Gemeinde Wiggensbach) in Richtung Häfeliswald.
'Im Schnitt zehn Pferde zogen den Pflug', erzählt Kahle, der in der vergangenen Woche seinen 80. Geburtstag feierte. Organisiert wurde die Schneeräumaktion damals meist vom Hofgut-Verwalter. 'Die Pferde wurden von den umliegenden Fuhrleuten und Bauern ausgeliehen', so der Wiggensbacher. Nicht selten, etwa wenn der Schnee nass und schwer war, sei das Ganze zu einer richtigen Schinderei ausgeartet. Aber zusammengeholfen hätten immer alle Bewohner. Heutzutage komme der motorisierte Schneepflug übrigens nicht mehr - wie auf unserem Foto das Pferdegespann - direkt am Hauseck des Hofguts vorbei. Die Straße wurde Ende der 50er Jahre nach Süden verlegt und führt jetzt direkt an der Kürnach entlang.
Die Besitzer des Hofguts Kürnach, das heute ein Hotel ist, waren meist illustre Persönlichkeiten, erzählt der 80-Jährige. Der Münchner Universitätsprofessor Dr. Karl Krumbacher (1856-1909), der als Begründer der Byzantinistik in die Geschichte einging, war zum Beispiel hier Zuhause. Als Kahles Jahrhundert-Foto aufgenommen wurde, gehörte das Anwesen einem Bankdirektor namens Hofmann aus Essen. Auch zwei weitere Besitzer des Hofguts hatten klangvolle Namen: 1936 erstand Hertha Bauer, die älteste Tochter des bekannten Dessauer Flugzeugkonstrukteurs Hugo Junkers (1859-1935) das Anwesen. 1958 ging es an den Berliner Großschlächter Herbert Heidebrecht, der laut Kahle damals Deutschlands größter Fleischimporteur war.
Früher mehr Schnee
Früher habe es viel mehr Schnee gegeben, ist der ehemalige Förster überzeugt. '1958/59 hatten wir zum Beispiel einen strengen Winter', erinnert sich Kahle. So drohte damals das Dach des vis-à-vis vom Hofgut gelegenen Försterhauses unter der Schneelast einzustürzen. Eine Art 'Skijöring' der besonderen Art betrieb der heute 80-Jährige im Winter, um zu seinem etwa fünf Kilometer entfernten Forstamt in Wegscheidel zu gelangen. 'Wenn ein Lkw daherkam, hab\' ich mich mit meinen Skiern einfach drangehängt', erzählt der Wiggensbacher schmunzelnd.