Mehr Bauern als erwartet schickten ihr Vieh in die Sommerfrische Von Jürgen Stöcker Oberallgäu. Die Befürchtung, immer mehr Bauern schickten wegen zunehmend bürokratischer Hemmnisse und steigender Kosten ihre Rinder nicht mehr zur Sommerfrische in die Berge, hat sich heuer nicht bewahrheitet. Mit 25 662 Stück Jungvieh (254 weniger als im Vorjahr) und 2968 Kühen (104 mehr als 1999), die in diesen Tagen ins Tal zurückkehren, ist der Geschäftsführer des Alpwirtschaftlichen Vereins im Allgäu (AVA), Peter Danks, durchaus zufrieden. Erfreulich auch: Es gab im Vergleich zu früheren Jahren weniger Schadensfälle trotz teilweise heftiger Gewitter im Gebirge. Ist bei den Viehscheiden der Blick eher aufs geschmückte Kranzrind als Symbol für das Wohlbefinden aller heimkehrenden Tiere gerichtet, so rückt Peter Danks im Redaktionsgespräch die Menschen in den Mittelpunkt: Ein in Hindelang tödlich verunglückter Tagwerker war ebenso zu beklagen wie verletzte Hirten. Sie trugen Bandscheiben-Vorfall, Bänderriss und eine gebrochene Hand davon. Die Arbeit der Älpler ist hart und bei schlechtem Wetter zudem risikoreich, so Danks. Ein besonders tragischer Fall: Im Nachbarland Liechtenstein wurde ein 15-jähriger Hütebub vom Blitz erschlagen, als er das Vieh in Sicherheit bringen wollte. Nur mit viel Begeisterung und Idealismus lasse sich der Beruf des Hirten ausüben, weiß Danks aus eigener Erfahrung.
Denn zu allen Beschwernissen kommt noch ein karger Lohn hinzu: Auf den Hochalpen verdient ein Alphirte je nach Familienstand monatlich zwischen 2200 und 2700 Mark netto und das bei einer 60-Stunden-Woche ohne Ruhetag. Auf den Land- und Mittelalpen gibts gar nur durchschnittlich 60 Mark pro Stück Vieh. Das macht bei einer Herde von beispielsweise 50 Tieren gerade mal 3000 Mark brutto für fünf Monate Arbeit. Peter Danks: Das ist dann nur als Nebenerwerb oder mit einer funktionierenden Bewirtung der Wanderer zu schaffen. Gerade auf den Sennalpen seien die Umsätze trotz des total verregneten Julis recht anständig gewesen, berichtet der AVA-Geschäftsführer. Er führt dies neben dem hervorragenden Bergkäs auf die Initiative Sennalpwege zurück, die mit ihrem schon 15 000 Mal verkauften Buch und ihrer Vermarktung regionaler Produkte vor Ort wohl ein großes Publikum für sich gewinnen konnte. Als drückende Last empfanden die Hirten die aus Furcht vor der BSE-Seuche eingeführte gesetzliche Regelung, für jedes Rind einen eigenen Pass mitführen zu müssen; in dem noch dazu jeder Wechsel des Weidestandorts amtlich zu bescheinigen war (wir berichteten). So hätten die Oberalpmeister Hans Wirth (Oberstdorf) und Hartel Bellot (Hindelang) beim Viehscheid 1500 bzw. 1200 Tierpässe an die Landwirte aushändigen müssen. Trotz alledem: Wir haben für die 674 Alpen im Allgäu mehr Bewerber als wir brauchen, freut sich Peter Danks. Und nicht nur das. Im Gegensatz zur Schweiz, wo alle zwei bis drei Jahre der Alphirt wechsle, blieben die Älpler im Allgäu ihrem recht einsame