Berühmt ist der Oberstdorfer Bergführer Andi Heckmair als "Vater der Transalp": Vor rund 20 Jahren hat er als Erster eine Route erdacht, auf der die Berge vom Allgäu bis an den Gardasee mit dem Mountainbike überwunden werden können. Nun hat er auch den südamerikanischen Kontinent durchquert: von Küste zu Küste, vom Pazifik bis zum Atlantik - natürlich mit dem Fahrrad. Unterwegs war er mit einer Gruppe von sechs Sportlern aus dem Allgäu und dem angrenzenden Oberbayern.
"Es war kein Abenteuer, es war eine gut geplante Unternehmung", sagt Andi Heckmair und lächelt dabei. Der 68-Jährige kennt den Unterschied zwischen einer lebensgefährlichen Expedition und einer Reise - und mag diese auch anstrengend sein. In letztere Kategorie fällt für ihn seine jüngste Pioniertat. Dabei haben die Radsportler insgesamt 1200 Kilometer zurückgelegt - Tagesetappen von fast 200 Kilometern waren an der Tagesordnung. Dazwischen gab es in dem spärlich besiedelten Land oft gar keine Möglichkeit, zu übernachten. Geradelt wurde mit dem Mountainbike, denn rund ein Drittel der Strecke verlief auf Schotter.
Eine geeignete Route zu finden, war schwierig. "In Chile gibt es im Süden keine Querstraßen, nach Norden hin wird aber die Strecke zwischen den Ozeanen immer größer", erklärt Heckmair. Die Lösung fand sich am 44. Breitengrad. "Aber es war viel komplizierter als erwartet", verrät der radelnde Bergführer. Möglich geworden sei die Unternehmung nur durch die Hilfe von Uwe Nobis, der aus Oberstdorf stammt und in Südamerika lebt. "Er ist mit uns geradelt und hat viel organisiert", schildert Heckmair.
Da gab es einiges zu tun: Nach der Überquerung auf der Insel Chiloé sollte es per Schiff weitergehen in die Stadt Chaitén. Diese aber war durch einen Vulkanausbruch zerstört - mitsamt den Hafenanlagen. Nur dort aber bestand die Möglichkeit, auf befestigten Wegen Richtung Osten zu fahren. Also engagierte Uwe Nobis einen Fischer, der die Gruppe mit seinem Boot übersetzte.
Der Anfang am Pazifik war also geschafft. Bis zur Ankunft am Atlantik gab es aber noch so manch harte Etappe zu bestehen: Zeitweise machten Dauerregen oder extremer Wind den Radlern zu schaffen. "An einem Tag hatten wir so starken Rückenwind, da sind Sand und Steine dermaßen über die Straße gezischt, dass ich die Beine meiner Mitradler nicht mehr gesehen habe", erzählt der Oberstdorfer. Natürlich hatte das auch einen positiven Effekt: Fast ohne zu treten kamen die Reisenden in weniger als zwei Stunden 70 Kilometer weiter.
Unterschiedlichste Landschaften haben die Radler gesehen: Regenwald, Anden, Gletscher, riesige Seen, mächtige Flüsse, Felswände, Canyons und die flache Pampa. "Wir haben im Wortsinn einzigartige Erfahrungen gemacht", schwärmt Heckmair.