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Allgäuer Behörden wollen Reichsbürger aufspüren

Beobachtung

Allgäuer Behörden wollen Reichsbürger aufspüren

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    Allgäuer Behörden wollen Reichsbürger aufspüren
    Allgäuer Behörden wollen Reichsbürger aufspüren Foto: Patrick Seeger, dpa

    Seitdem ein Reichsbürger am 19. Oktober 2016 im fränkischen Georgensgmünd einen Polizisten erschossen hat, stehen die Mitglieder dieser Szene auf Anweisung des Innenministeriums in Bayern unter Beobachtung.

    450 Menschen überprüft das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West im Allgäu sowie den Landkreisen Günzburg und Neu-Ulm derzeit. Doch es ist keineswegs klar, ob es sich bei allen um Reichsbürger handelt, sagt Polizeisprecher Christian Eckel. Ein Indiz dafür, dass jemand der Reichsbürgerideologie nahe stehen könnte, ist der Staatsangehörigkeitsausweis.

    Er gilt vielen Reichsbürgern als 'richtiger' Ausweis und Nachweis deutscher Herkunft – den Personalausweis lehnen sie ab, weil sie sich nicht als Personal der Bundesrepublik betrachten, die in ihren Augen nur eine Firma ist. Überhaupt erkennen sie den Staat und seine Organe nicht an.

    Auch im Allgäu ist die Zahl der ausgegebenen Staatsangehörigkeitsausweise 2016 gestiegen. Bizarrerweise hatte ausgerechnet die Bürgermeisterin von Bolsterlang, Monika Zeller, sogar schon vor dem Besuch einer Reichsbürger-Infoveranstaltung einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt. Doch sie . Sie habe den Antrag lediglich aus Neugierde und Interesse gestellt.

    Verdächtige der Polizei melden

    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat jüngst in einer Rede die Marschroute der bayerischen Behörden vorgegeben. Und die sieht so aus: Wenn eine Kommune den Verdacht hat, dass jemand der Reichsbürger-Szene nahesteht (eben weil er zum Beispiel den besagten Ausweis beantragt oder Bußgeldbescheide mit Verweis auf die angeblich nicht vorhandene Zuständigkeit von Behörden nicht bezahlt), dann muss derjenige der Polizei gemeldet werden. Diese nimmt dann eine Bewertung des Betreffenden vor.

    Gelangt die Polizei zu der Einschätzung, dass der Kandidat ein Reichsbürger ist, wird der Ball zurückgespielt an die betreffenden Gemeinden, Städte und Landkreise. Minister Herrmanns Ziel lautet: Reichsbürger sollen keine Waffen haben. Und die Erlaubnis, eine Waffe zu führen, erteilen nun einmal Gemeinden, Städte und Landkreise. Gilt jemand als 'unzuverlässig', eine Waffe zu führen, dann kann ihm die Erlaubnis entzogen werden.

    Das ist die Stoßrichtung Herrmanns: 'Wir haben nach am 19. Oktober letzten Jahres unsere bayerischen Waffenbehörden informiert, dass Reichsbürger per se waffenrechtlich unzuverlässig sind. Waffenerlaubnisse von Reichsbürgern sind daher konsequent zu widerrufen und Neuanträge abzulehnen', sagte er. Also: Entwaffnung der Reichsbürger. Das Ganze gilt auch für die Erlaubnisse, Kampfhunde zu halten oder mit Sprengstoff hantieren zu dürfen (dazu zählen auch schon Böllerschützen).

    Bislang ist allerdings in puncto Entwaffnung im Allgäu nicht viel passiert: In Kaufbeuren wurde ein sogenannter 'kleiner Waffenschein' (beispielsweise zum Führen einer Gaspistole) entzogen. Im Unterallgäu gab ein Reichsbürger freiwillig seine Waffe und seinen Waffenschein ab. Mehr nicht. Dass sich die Entwaffnung hinschleppt, hat vor allem damit zu tun, dass Reichsbürger nur schwer identifiziert werden können.

    Wozu man den Ausweis wirklich braucht

    Ein Antrag auf Ausstellung des Staatsbürgerschaftsausweises ('Gelber Schein') reicht als Kriterium jedenfalls nicht aus, sagt Polizeisprecher Eckel.

    Wozu braucht man diesen Ausweis – abseits kruder Reichsbürgertheorien – überhaupt? In ganz wenigen Fällen macht es tatsächlich Sinn, einen Gelben Schein zu beantragen. Ein anschauliches Beispiel nennt Konrad Pfister, Leiter des Amtes Bürgerservice bei der Stadt Kempten.

    'Ich rate sicherheitshalber dazu, wenn ein ausländisches Kind adoptiert wird und im Rahmen dieser Adoption die deutsche Staatsbürgerschaft erhält.' Denn in einigen Jahren, wenn das Kind vielleicht in einem ganz anderen Teil des Landes wohnt, womöglich seinen Pass verloren hat und einen neuen braucht, kommt die Frage auf, ob das adoptierte Kind nun wirklich eine deutsche Staatsbürgerschaft hat.

    Diese lässt sich dann mit einem Staatsangehörigkeitsausweis schnell beantworten, sagt Pfister. Gerüchte, wonach man einen Gelben Schein braucht, um Beamter werden zu können, stimmen hingegen nicht.

    Auch ist es Unsinn, dass man ihn für ein Studium in Österreich benötigt. 'Das liegt an der unterschiedlichen Terminologie zwischen Deutschland und Österreich', erklärt Pfister. Will sagen: Den deutschen Studenten wird etwa in Innsbruck gesagt, sie brauchen einen Staatsangehörigkeitsnachweis.

    Darunter verstehen Österreicher in diesem Zusammenhang einfach einen Personalausweis oder Reisepass, sagt Pfister. So mancher brave deutsche Student beantragt aber dann daheim den Gelben Schein, weil er alles richtig machen will.

    Nichtsdestotrotz bleiben die Behörden im Allgäu wachsam, wenn jemand einen Gelben Schein beantragt. Auch wenn die Antragszahlen für das bisherige Jahr 2017 in der Region eher einen abnehmenden Trend ausweisen.

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