Die Begleitumstände, unter denen ein 22-Jähriger aus dem Oberallgäu wegen Drogenmissbrauches von dem Amtsgericht Sonthofen zu einer Bewährungsstrafe von 20 Monaten verurteilt worden ist, sind nicht gerade alltäglich zu nennen. Ein als Zeuge geladener Kripobeamter hatte seine Einbestellung einfach vergessen. Man kam auch ohne ihn aus. Der Angeklagte musste sich während des Verfahrens einem Drogentest unterziehen, wobei man ihn kurzerhand zur Urinprobe auf die Toilette führte. Das Ergebnis sorgte bei der Vorsitzenden Richterin Brigitte Gramatte-Dresse für einen Überraschungseffekt. Obwohl der junge Mann nach eigenem Eingeständnis seit seinem 14. Lebensjahr "kifft" und einen Jahresverbrauch von 100 Gramm Marihuana und Haschisch einräumte, zeigten sich bei ihm keine Spuren eines Drogenmissbrauches.
Er hat es offensichtlich aus eigener Kraft geschafft, von dem Zeug loszukommen, nachdem die Polizei bei einer Hausdurchsuchung auf eben diese Menge der sogenannten "weichen Drogen" nebst Cannabispflanzen im Badezimmer gestoßen war. "Es hat mir nach der Arbeit gut getan", hielt der tagsüber als "Holzer" im Wald beschäftigte junge Mann mit seiner früheren Leidenschaft nicht hinterm Berg. Aber dann sei er von einem Tag auf den anderen ausgestiegen, erklärte er dem Gericht, was die Vorsitzende Richterin ungläubig quittierte und so den aktuellen Drogentest in Gang brachte. Die Entzugserscheinungen mit Schlaflosigkeit und Schweißausbrüchen seien nach vier Wochen vorbei gewesen, gab der 22-Jährige an. "Möglicherweise hat er sein Drogenproblem jetzt im Griff", staunte der Staatsanwalt. Angesichts der sichergestellten Menge an Betäubungsmitteln bewertete das Gericht den bisherigen Drogenkonsum nicht mehr als "Vergehen", sondern bereits als "Verbrechen".
Gleichwohl setzte das Gericht die Strafe zur Bewährung aus. Man kam nicht an der Feststellung des Verteidigers vorbei, dass sein Mandant "einen starken Umkehrwillen an den Tag gelegt" habe, bei seinem Abschied von den Joints. Die Auflagen für den Beschuldigten, eine Geldbuße von 5000 Euro und 160 Stunden gemeinnütziger Arbeit, wurden ergänzt durch eine Moralpredigt. Die Drogen, so mahnte die Richterin, wirken sich bei Dauermissbrauch aufs Gehirn aus. "Da entstehen Zombies".