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"Action und Horror lassen wir ganz weg"

Immenstadt

"Action und Horror lassen wir ganz weg"

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    "Action und Horror lassen wir ganz weg"
    "Action und Horror lassen wir ganz weg" Foto: veronika.krull@t-online.de (

    "Das Kino", sagt Karl Seitz (62), "wurde schon tausend Mal totgesagt." Diesen Satz lässt der Besitzer des Union-Filmtheaters in Immenstadt natürlich nicht so stehen: "Aber das Kino ist immer noch da." Trotz Fernsehen, trotz Video, DVD und Internet. Warum? Ildikó Seitz (34), Ehefrau und Geschäftsführerin, lächelt: "Weil der Mensch trotz allem ein soziales Wesen ist, das gern andere Leute trifft." Nicht nur das: "Im Kino werde ich nicht gestört, es klingelt kein Telefon. In der Dunkelheit muss ich mich voll konzentrieren auf das Geschehen auf der Leinwand." Heuer feiert das Filmtheater seinen 70. Geburtstag.

    Kino und der Name Seitz sind in Immenstadt seit fast 100 Jahren miteinander verbunden. In den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts eröffnete Karls Großvater Heinrich Seitz die "Drei-König-Lichtspiele" am Marienplatz. Das Geschäft florierte, und 1940 wurde ein neues Kino am jetzigen Standort erbaut. Was in jener Zeit nicht ganz einfach war. Karls Vater Albert Seitz war im Krieg, die Vorführer mussten ebenfalls ausrücken. Doch Elisabeth Seitz, die Mutter des heutigen Inhabers, schlug sich wacker. Der Lohn stellte sich nach dem Krieg ein, in den "goldenen Jahren" des Kinos - so war in jener Zeit ein Saal mit 800 Sitzplätzen sonntags durchaus drei Mal ausverkauft.

    In den Sechziger Jahren gerieten die Filmtheater allerdings in eine Krise - das Fernsehen wurde zum beliebten "Heimkino". Vielleicht empfahl Albert Seitz auch deshalb seinem Sohn Karl, eine Elektrikerlehre zu absolvieren und damit ein bodenständiges Handwerk zu lernen. Allein schon aufgrund seiner Ausbildung war Karl Seitz immer häufiger im Vorführraum des elterlichen Betriebes zu finden, und 1974 übernahm er das Union-Filmtheater. Vor zehn Jahren trat die gelernte Hotelfachfrau Ildikó, aufgewachsen in Immenstadt, in das Geschäft ein, seit fünf Jahren sind Karl und Ildikó ein Ehepaar.

    Beide sind Vollblut-Cineasten, beide waren und sind sich über die Ausrichtung des Filmtheaters einig. "Action und Horror lassen wir ganz weg." Während im Kino 1 vorwiegend "mainstream"-Produktionen à la "Harry Potter" auf die Leinwand projiziert werden, ist das Kino 2 den "besonderen" Filmen vorbehalten. Karl Seitz: "Die Zuschauer müssen Tage danach damit beschäftigt sein. Sie müssen was davon haben." Gezeigt werden Werke, die in den Medien diskutiert werden, oder Produktionen von Regisseuren wie Doris Dörrie: "Die hat ein Publikum." Karl Seitz: "Wir müssen unser Publikum kennen, dann können wir reagieren." Was freilich nicht immer funktioniert. Von dem Film "Das Fremde in mir", einem sensiblen Spielfilm über eine Wochenbett-Depression, waren Karl und Ildikó Seitz "mehr als begeistert".

    Aber das Werk entpuppte sich als "absoluter Flop". Umgekehrt war der schwedische Film "Wie im Himmel" ein "Phänomen". Die Geschichte um das Leben eines Dirigenten wurde ein Erfolg - "das war der Wahnsinn" (Ildikó Seitz). Ein Ehepaar habe 20 Mal eine Vorstellung besucht, ein Singkreis benannte sich nach dem Film. Kinobesitzer Seitz: "Wir waren wie berauscht." Er fügt hinzu: "So was brauchst du aber auch. Sonst würdest du ja verzweifeln." Seine "Berufung" hat er jedenfalls nie bereut: "Ich könnte mir nichts anderes vorstellen."

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