Von Freddy Schissler Kempten - Ein Bewacher rechts, ein Sicherheitsmann links, und wer von den Fotografen sich nicht exakt an die Spielregeln hält, wird den Platz vor der Bühne nicht unbeschadet verlassen: Die Zeiten der Pressefotografen sind hart geworden, der Wind weht scharf im Konzertgraben. Wenn mit Xavier Naidoo am kommenden Mittwoch (21 Uhr) einer der Großen im deutschen Popgeschäft in Kempten gastiert, wird den Fotografen unserer Zeitung wieder mal ein genauer Plan vorgelegt, der vorschreibt, was sie dürfen und was nicht. Bleibt wie immer die Hoffnung Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, erstklassige Fotos präsentieren zu können. Trotz großer Einschränkungen und fliegender Ellbogen, die es mitunter gibt. Zudem legen die Manager zahlreicher Pop-Stars den Fotografen Verträge unter die Nase, die sie gefälligst zu unterschreiben haben, ansonsten gibt es keinen Einlass. Darin müssen die Fotografen sämtliche Rechte ihrer Fotos an den Künstler abtreten; Bilder dürfen nur am kommenden Tag in einem bestimmten Medium veröffentlicht werden. Knebelverträge und Machenschaften, die Robbie Williams zuletzt auf die Spitze trieb, weshalb Nachrichtenagenturen wie dpa oder ap mit einem Fernbleiben im Rahmen der Deutschland-Tour drohten. Drei Fotografen unserer Zeitung erzählen von ihren Erfahrungen:'Listen to the music': Jenen Blick, den Pianist Abdullah Ibrahim dem Mann hinter der Kamera zuwarf bei diesen Worten, kann man nicht unbedingt als freundlich bezeichnen. Jörg Schollenbruch, Leiter unserer Fotoredaktion, wusste Bescheid. Senkte das Objektiv seiner Kamera, nickte leicht in Richtung des Künstlers und machte sich schleunigst aus dem Staub. Ein einziges Mal hatte er bei diesem Galakonzert im Rahmen des Kemptener Jazzfrühlings auf den Auslöser gedrückt - und sofort den Missmut Ibrahims geerntet. Natürlich hätte er lieber der Musik eines großartigen Pianisten gelauscht, doch dafür wurde er an diesem Abend nicht bezahlt. Fotos sollte er schießen, um den Lesern am nächsten Tag dieses musikalische Erlebnis auch bildlich in Erinnerung zu rufen. Bei Al Di Meola im Jahr zuvor waren die Arbeitsbedingungen nicht viel besser. Während der ersten beiden Stücke durfte er fotografieren, weshalb Schollenbruch stöhnt: 'Von Stars gute Fotos zu machen, wird immer schwerer.'AZ-Fotograf Ralf Lienert steht seit vielen Jahren im Konzertgraben und erinnert sich wehmütig: 'Ob Otto, Fendrich, Lindenberg oder Udo Jürgens: Früher konnte man problemlos bis zum Konzertende Fotos schießen.' Zeiten, die seit Mitte der 90er Jahre vorbei sind. Lienerts Negativ-Erlebnis: Auftritt von Rod Stewart in Friedrichshafen.
Ganz nach hinten zum Mischpult schickten die Ordner ihn und seine Kollegen. Wer kein starkes Teleobjektiv in der Tasche hatte, musste passen und die Leinwand abfotografieren. Andere Orte, andere Beispiele: Beim Konzert mit Avril Lavigne in München durfte Ralf Lienert gerade mal zweimal jeweils 30 Sekunden fotografieren. Danach überprüften Sicherheitskräfte, dass er auch ja seine Kamera wieder einpackt. In Kempten beim Auftritt von José Carreras in der Big Box hießen die Bedingungen: Alle Fotografen müssen beim Arbeiten in die Hocke gehen und dürfen lediglich am Schluss bei der Zugabe des Opernsängers abdrücken. In Altusried auf der Freilichtbühne ordnete Rockstar Ian Anderson an: Ralf Lienert und Co müssen an einem ganz bestimmten Ort stehen. Weshalb? Weil nur so sicher ist, dass auf den Zeitungsfotos Herrn Andersons linke Gesichtshälfte abgelichtet wird - die gefällt ihm offensichtlich besser als die andere. An den Kragen ging es Lienert einst beim Auftritt von Tina Turner in München. Er hätte nach zwei Stücken die Arbeit einstellen müssen - was er nicht tat. Und schon fischten ihn zwei Bodyguards aus dem Konzertgraben. Den harten Ellbogen eines Verantwortlichen bekam AZ-Fotograf Hermann Ernst zu spüren: beim Auftritt von Bryan Adams in der Eissporthalle Memmingen. Ernst hatte sein Objektiv auf eine Gruppe enttäuschter Mädchen gerichtet, die zunächst als Tänzerinnen im Hintergrund vorgesehen waren, aber kurz vor Konzertbeginn aussortiert wurden. Der Adams-Manager drückte unserem Fotografen ohne Vorwarnung die Kamera mitten ins Gesicht. 'Der Abdruck war gut erkennbar', erinnert sich Ernst. Nur ca. acht Minuten durfte er laut Bühnenanweisung Peter Maffay in der Big Box Allgäu fotografieren. 'Während dieser Zeit', stöhnt Ernst, 'war die Bühne schlecht ausgeleuchtet, Maffay bewegte sich kaum und spielte auf einer dunklen Gitarre.' Erst danach griff er zu einem roten Instrument. Ach ja: Die Leser unserer Zeitung kamen dennoch in den Genuss eines Fotos mit roter Gitarre - unser Mann blieb unbemerkt, als er bei Song Nummer drei auf den Auslöser drückte.