Es wirkt fast so, als hätte jemand die Zeit zurückgedreht. Da kommen sie mir zwischen den Sitzreihen der Allgäuer Freilichtbühne Altusried doch tatsächlich entgegen: Die rothaarige Anni-Frid und die blonde Agnetha. Beide tragen ihre ikonischen hohen weißen Stiefel und auf ihren weißen Kostümen prangen die kultigen ABBA-Katzen. Doch halt. Sind sie das wirklich?
Interview mit ABBAMANIA: Abba-Tribute-Show kommt auf die Freilichtbühne Altusried
Nicht ganz. Es sind Kerstin Löcker und Maria Kristina Nissen, die in der laut Veranstalter Semmel Concerts Entertainment "größten Abba-Tribute-Show der Welt“ Anni-Frid Lyngstad und Agnetha Fältskog verkörpern. Und auch wenn die beiden im Gespräch dann lächelnd zugeben "Wir sind es halt einfach nicht. Die Originale, die gibt es nur einmal", es fehlt nicht viel. Was man mitbringen muss, um so eine legendäre Rolle auszufüllen, was die Fans zu den ABBA-Pendants sagen und wie sie sich auf Auftritte, wie den im August auf der Freilichtbühne in Altusried vorbereiten, verraten Kerstin Löcker und Maria Kristina Nissen schon vor dem Auftritt im Interview mit all-in.de.
Wie kam es dazu, dass ihr bei ABBAMANIA mitmacht und jetzt Frida und Agnetha auf der Bühne verkörpert?
Kerstin Löcker (Frida): Ich hatte mit Semmel-Concerts vor fünf Jahren schon mal Kontakt und ich hab ne andere Tournee-Produktion mit ihnen gemeinsam gespielt. Damals wurde mir schon gesagt, wir planen eine ABBA-Show und das würde ganz gut passen. Und dann kam aber die lange Schaffenspause von Corona. Da wurde das ja alles bisschen verschoben mit den Castings und der Planung. Und als es dann wieder aktiv in die Planung ging, wurde ich kontaktiert und habe dann ganz normal die Castingphase mitgemacht. Und ja heute stehen wir da.
Maria Kristina Nissen (Agnetha): Ja bei mir war das so, dass ich eigentlich ganz simpel die Ausschreibung gelesen habe von der Choreografin und dem musikalischen Leiter. Bei Facebook sogar. Eigentlich eher untypisch, dass mir da irgendwas über den Weg läuft. Und dann bin ich eingeladen worden und hab auch da ganz klassisch das Casting einmal durchlaufen, obwohl ich die beiden schon kannte. Ich hatte dann auch gehofft, dass die das machen würden, also mich nehmen würden. Das war dann auch so, war aber jetzt nicht Voraussetzung.
Welchen persönlichen Bezug habt ihr zu der Musik von ABBA?
Kerstin Löcker (Frida): Das ist eine Frage, die immer wieder kommt, worauf man auch ne kürzere Antwort haben könnte, ist aber immer ein bisschen schwierig das zu reduzieren. Aber mein Bezug zu ABBA ist definitiv schon in den Kinderjahren entstanden, weil meine Eltern die Musik halt auch gehört haben. Und in verschiedenen anderen Produktionen, Best-Ofs zum Beispiel hab ich schon ABBA- Musik interpretiert über jetzt schon mehrere Jahre hinweg und daher war die Leitung zu ABBAMANIA nicht so lang.
Maria Kristina Nissen (Agnetha): Ich bin zu ABBA gar nicht so wirklich in meinen Kinderjahren gekommen. Ich hab das ganze erst ein bisschen später für mich entdeckt, während der Ausbildung. Durch Mamma Mia et cetera, was man dann alles eben so behandelt. Und dann durfte ich in meinem ersten Job, ne in meinem zweiten Job tatsächlich, nach der Ausbildung, in der ersten Woche 27 ABBA-Songs lernen und da hab ich einmal die ganze Schelle mitbekommen. Und seitdem gefällt es mir aber sehr gut und ich denke ich kenn mich ausreichend gut aus.
ABBAMANIA ist ja eine Tribute-Show. Was muss man denn aus musikalischer, schauspielerischer aber auch menschlicher Sicht mitbringen, um eine Rolle wie Fridaoder Agnetha bei ABBAMANIA auszufüllen?
Kerstin Löcker (Frida): Also natürlich ist ABBAMANIA eine Tribute-Show, aber ich glaube sie hebt sich schon sehr ab. Es gibt ja sehr viele ABBA-Interpreten und sehr viele Tribute-Shows. Aber dadurch, dass wir mit mit voller Band auftreten, dass wir sehr hochwertige Arrangements haben, dass der Sound sehr dem ABBA-Sound angeglichen wurde und das auch wir aufgrund der Tatsache gecastet wurden einen ABBA-Sound zu reproduzieren, den es eben schon mal gab, glaube ich, dass es eben schon ne sehr hohe Qualität hat, für die man sehr viel mitbringen musste und die man sich auch zu einem gewissen Grad aneignen musste. Also es ist jetzt nicht so, dass wir einfach das Kostüm angezogen haben und jetzt klingen wie ABBA, sondern das war schon eine sehr lange Vorbereitung.
Maria Kristina Nissen (Agnetha): Es kommt natürlich noch ne supertolle Lichtshow dazu, die es vorher so ja technisch auch noch nicht gab. Das ist auch etwas, dass wir mitbringen, genau wie originalgetreue Kostüme und tolle Musiker, die das bis aufs Blut beherrschen.

Muss man in gewisser Weise auch eine Art von Entertainer sein?
Kerstin Löcker (Frida): Auf jeden Fall! Also ich bin mir sicher, dass es sehr viele Talente bundesweit gibt, die wahrscheinlich zuhause in der Dusche ABBA-Songs vielleicht sogar besser beherrschen als wir, weil ABBA sehr viel Text geschrieben hat, sag ich jetzt mal so haha. Aber ich denke schon dass man auch das exzentrische oder den Expressionismus dafür mitbringen muss. Also dass man sagt ich stell mich da hin, ich hab Bock das zu performen und eben nicht nur zu singen, sondern die Musik so zu leben, dass sie körperlich auch ankommt beim Publikum. Ich glaube da sind wir ganz gut dabei.
Maria Kristina Nissen (Agnetha): Auf jeden Fall: Es ist superviel Energie, die da übertragen wird und die aber auch vom Publikum ankommt. Dementsprechend ist es so ein Geben und Nehmen und da kann man nicht einfach auf der Bühne stehen und nur so ein bisschen mitsingen. Das geht nicht.
An Reaktionen hört man immer wieder, dass ihr eine mega Show macht und eure Stimme perfekt passen. Was bekommt ihr denn so für Reaktionen von Fans, aber auch von Kritikern?
Kerstin Löcker (Frida): Also es gibt genauso kritische Stimmen, wie es natürlich auch Befürworter gibt. Man kann es natürlich nicht jedem recht machen. Und dass ich nicht Frida bin und Maria nicht Agnetha, das kann man einfach nicht absprechen. Also wir sind es halt einfach nicht. Die Originale, die gibt es nur einmal. Von daher ist natürlich jede Kritik, die vielleicht auch am Aussehen kommt, oder an den Kostümen, vielleicht auch an der Performance, total gerechtfertigt. Das ist total klar. Vielleicht auch, weil wir im Publikum oft Leute sitzen haben, die ABBA schon live gesehen haben und vielleicht auch von denen originale Autogramme zuhause haben. Da ist die Messlatte natürlich sehr hoch gelegt. Aber was wir von unseren Fans oder der Fanbase so zu hören bekommen, sind absolute Glücksmomente, die man schenkt und ich glaube dafür lohnt sich oder dafür nehmen wir auch gerne jeden kritischen Einwand hin. Das ist gar kein Problem, da sind wir natürlich auch selbst kritisch genug, um zu sagen, wir sind immer noch Darsteller und nicht die Originale. Aber für die Momente, die dann das Publikum zum Lächeln bringen, vielleicht zurückversetzen in ihre Jugend bei der älteren Publikumsschicht, oder eben bei den Jüngeren, die sich einfach mitgerissen fühlen von der total poppigen und peppigen Musik, die einfach nicht alt wird. Dafür leben wir.
Also ihr kommt dem Ganzen schon sehr nahe, muss ich persönlich auch sagen. Wie bereitet ihr euch denn auf eure Auftritte vor, gibt es da spezielle Rituale, muss man sich Einsingen oder vorher noch in die Rolle rein versetzen?
Maria Kristina Nissen (Agnetha): Ja na klar. Jeder hat so seine eigenen Rituale. Natürlich singt man sich vorher ein, macht gewisse Übungen, man geht die Texte nochmal durch, weil wie Kerstin sagt, es ist wahnsinnig viel Text und sehr viel Text ist auch sehr ähnlich und dann gibt es noch eine Strophe und noch eine Strophe - dementsprechend geht man da nochmal durch einfach um sicher zu sein und das in den Fokus zu bringen. Das ist so das was ich mache. Sich aber gegenseitig auch, wenn man dann Björn und Benny da hat, sich so bisschen anteasern. Bisschen zusammenkommen, dass die Energie hochgeht, dass es ein miteinander ist, was es ja schlussendlich auf der Bühne auch ist.
Wenn wir jetzt schon bei der Bühne sind: Was ist es denn dann für ein Gefühl als ABBA auf der Bühne zu stehen?
Kerstin Löcker (Frida): Ein Gutes - in den meisten Fällen haha. Nein, also ich finde das ist immer ganz lustig, wenn wir uns auch über Lampenfieber zum Beispiel unterhalten. Wir machen das schon so lange und haben sehr viel auf Bühnen gestanden, mit diversen Programmen schon. Und trotzdem ist immer so dieses Quäntchen an "Ich hab die Hosen voll" dabei. Vor jeder Show. Das ist völlig egal, ob das ein Open-Air ist, das immer so bisschen lockerer gestaltet ist, auch vom Publikum, oder ob das ne große Arena ist.

Maria Kristina Nissen (Agnetha): Es ist spannend. Es ist einfach jedes mal wieder spannend. Man muss sich jedes mal wieder darauf einstellen und das kommt einfach nicht immer von alleine, weil es einfach ne riesengroße Show ist. Und das lässt sich nicht so einfach abspielen. da muss ein bisschen Aufregung dabei sein.
Jetzt noch eine Frage, die hört ihr wahrscheinlich auch relativ oft: Was ist denn euer Lieblingssong von ABBA?
Kerstin Löcker (Frida): Ja die hören wir tatsächlich richtig oft. Es ist natürlich auch schwierig die Frage zu beantworten. ABBA hat ja wahnsinnig viele Songs geschrieben und wir haben auch sehr viele Songs natürlich in unserer Show. Haben uns natürlich auf sehr viele auch sehr intensiv vorbereitet und sind da ins Detail gegangen. Deshalb kann ich glaub ich gar nicht sagen, ob ich einen Lieblingssong habe, weil ich finde, dass jeder Song sowas Spezielles auslöst, also vorallem auch bei mir selber eben. Wenn ich mich jetzt festlegen müsste, würde ich vielleicht sagen: "When All Is Said And Done". Das ist ein Song, den wir jetzt für unsere Open-Airs noch zusätzlich rein genommen haben, abweichend von der Frühjahrstournee, die wir gemacht haben. Und ich muss sagen, den kannte ich davor nicht. Und ich find den geil!
Maria Kristina Nissen (Agnetha): Bei mir ist es recht ähnlich. Bei mir ist es immer so ein bisschen stimmungs und tagesformabhängig, was ich jetzt gerade am Tollsten finde oder was mir gerade superviel im Ohr liegt. Und momentan ist es "Angeleyes". Aber sowas wie "Hole in your Soul" bringt mir einfach wahnsinnig Spaß auf der Bühne. Deswegen finde ich den Song mega! Und den kannte ich vorher tatsächlich auch nicht wirklich, war mir total fremd. Aber es ist wahrscheinlich immer ein anderer Song.
Letzte Frage: Was haltet ihr den von der Freilichtbühne hier in Altusried und freut ihr euch auf den Auftritt hier?
Kerstin Löcker (Frida): Auf jeden Fall! Die Bühne ist super beeindruckend. Es ist ein wahnsinniges Konstrukt auch mit der Überdachung. Ich glaub bis auf die Künstler wird hier bei Regen auch niemand nass (lacht). Aber es ist toll. Es ist eine superschöne Kulisse. Man ist mitten im Grünen. Man ist auch, als wir hier lang gefahren sind, sofort am Entschleunigen. So von der Autobahn runter: Puh wo geht`s da hin, die Straße wird immer kleiner, es wird immer grüner, dann kommen Bäume und dann ne kleine Allee und dann ist man da. Also ich freu mich tierisch. Ich glaube das wird ne ganz ganz tolle Sache.
Maria Kristina Nissen (Agnetha): Dem gibt es nicht hinzuzufügen! Außer das ist total toll und ich komme gerne wieder!