Von unserem Mitarbeiter Benny Schwärzler, Bempflingen/Lindau - Franz 'Bulle' Roth kennt (fast) jeder Fußballer. Und Karl-Heinz Riedle auch. Es gibt jedoch einen Allgäuer Fußballer, der für außergewöhnliche Bundesliga-Historie gesorgt hat: Rolf Thommes. Er stand als 19-Jähriger am allerersten Spieltag der höchsten deutschen Spielklasse im Trikot des TSV 1860 München auf dem Rasen. Der Gegner am 24. August 1963 hieß Eintracht Braunschweig, das Spiel endete 1:1. Für Thommes sollte sein erstes auch sein einziges Bundesligaspiel bleiben. Alle anderen 175 Spieler, die an diesem Tag dabei waren, sind zumindest zu einem zweiten Bundesliga-Einsatz gekommen. Rolf Thommes wurde am 21. Februar 1944 in Lindau am Bodensee geboren, wo er mit zehn Jahren bei der Sp Vgg Lindau mit dem Fußballspielen begonnen hatte. Noch als Juniorenspieler kam das Talent schnell in der Ersten Mannschaft in der Schwarzwald-Bodensee-Liga zum Einsatz. Es folgten die Berufung in die Württembergische Auswahl, mit der er das Endspiel um den Amateur-Länderpokal in seiner Heimatstadt Lindau erreichte. Mehrere hochrangige Trainer seien damals im Stadion gewesen. Einer davon: Max Merkel vom TSV 1860. Obwohl das Finale verloren ging, hat der schnelle und dribbelstarke Thommes Merkel auf Anhieb überzeugt. 'Aus dem Bua mach i was. Den mach i zum Nationalspieler', soll er über den 19-jährigen Linksaußen gesagt haben. Thommes wechselte zu den Löwen. Die Ablösesumme, sagt er, habe Merkel persönlich nach Lindau gebracht. Wie hoch sie war, habe er nie erfahren.
Unvergleichliche Atmosphäre Dann kam der erste Spieltag der Saison 1963/64. Thommes erinnert sich noch genau: 'Die Atmosphäre im Grünwalder Stadion war unvergleichlich. Allerdings war der Druck sehr groß: Man forderte von uns einen klaren Sieg', so Thommes, der heute in Bempflingen bei Reutlingen lebt. An diesem Tag sei einiges schief gelaufen. 'Ich habe nicht gut gespielt', gibt er unumwunden zu. Im nächsten Spiel war er nicht im Kader. Dabei sollte es bleiben. 'Merkel hat mich einfach fallen gelassen. Er hat nicht mehr mit mir gesprochen und mich bei der Reserve trainieren lassen', erzählt Thommes. Erst später habe er von Mitspielern erfahren, dass wohl private Gründe dafür verantwortlich waren. Genaueres weiß er nicht. Nur: 'Ich konnte überhaupt nichts dafür.' In der Sommerpause 1964 wechselte Thommes zum SSV Reutlingen in die Regionalliga Süd. Mit 17 Toren hat er seine Mannschaft auf Anhieb in die Aufstiegsrunde zur Bundesliga geschossen. 'In der Liga sind wir Vizemeister hinter Bayern München geworden. Der FC Bayern war schon damals mit Beckenbauer, Maier und Schwarzenbeck eine außergewöhnlich Truppe. Wir haben zweimal klar verloren', erinnert er sich. Mit dem Aufstieg hat es nicht geklappt. Letztlich fehlte Reutlingen ein Punkt auf Borussia Mönchengladbach. 'Mit 0:7 wurden wir auf dem Bökelberg von der Mannschaft um Heynckes und Netzer regelrecht abgewatscht', sagt Thommes. Nach einem Zwischenstopp bei Jahn Regensburg hat Thommes seine Karriere in Reutlingen beendet. Mit 28 Jahren. 'Ich hatte einfach keine Lust mehr', so seine Begründung. Bei der Stadt habe er dann eine Stelle als Bademeister angenommen, bis er vor sechs Jahren in den Ruhestand gegangen ist. Mit Fußball habe er nichts mehr am Hut. Im April diesen Jahres habe er aber seine alten Mitstreiter von 1860 wieder getroffen. Zum ersten Mal nach fast 40 Jahren. Anlass war die Beerdigung von Rudi Brunnenmaier. 'Das war schon ein tolles Gefühl. Die Jungs waren zwar etwas verwundert, weil sie nie mehr etwas von mir gehört haben. Doch sie haben sich alle gefreut', so Thommes. Er ist sich sicher: 'Bei den Löwen hat man mich nicht vergessen.'