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630 Bauern brennen Schnaps

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630 Bauern brennen Schnaps

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    Altes Recht für viele ein Zuerwerb ­ Bodensee-Obstler und Williams besonders gefragt Lindau (mun). Sie besitzen ein über Generationen vererbtes Privileg und viele hüten ihr Hausrezept wie ein Staatsgeheimnis: Die Rede ist von den rund 630 Landwirten im Allgäu, die ein sogenanntes Brennrecht haben. In der Regel dürfen sie als sogenannte Abfindungsbrenner pro Jahr 300 Liter reinen Alkohol herstellen. Die meisten sind im Landkreis Lindau ansässig. Dort, wo insbesondere Äpfel und Birnen zu Obstler und anderen Spirituosen-Spezialitäten verarbeitet werden. Eine geplante neue einheitliche EU-Marktordnung für Agraralkohol aber würde die Existenz der Kleinbrenner gefährden ­ und damit auch den ökologisch wertvollen Streuobst-Anbau.

    Für viele Obstbauern ist das Schnapsbrennen von zentraler Bedeutung. So kann nicht marktfähiges Obst verwertet werden. Gekoppelt ist das Brennrecht an den Besitz von Grundstücken, auf denen Obst angebaut wird. Wer ein Brennrecht von vor 1923 hat, darf in der eigenen Destillerie jährlich 300 Liter Alkohol herstellen.

    Fiskus kassiert Alkohol

    Die Versteuerung kann bei diesen Abfindungsbrennern wahlweise durch direktes Bezahlen an den Fiskus erfolgen oder durch Abgabe eines großteils des erzeugten Alkohols bei der Bundesmonopolverwaltung gegen einen vergleichsweise geringen Preis ­ das sogenannte Übernahme­Entgeld.

    Die Bundesmonopolverwaltung lässt den Alkohol reinigen und verkauft ihn weiter, unter anderem an die Kosmetik-Industrie. Dass alles mit rechten Dingen zugeht, überwacht das Zollamt in Lindau. Neue Brennrechte für bis zu 300 Liter Alkohol pro Jahr würden nicht erteilt, sagt Günter Schwarz vom Zollamt. Es sei aber möglich, frei werdende Rechte ­ beispielsweise durch Betriebsaufgaben ­ an neue Nutzer zu übertragen.

    Das deutsche Recht habe sich bewährt und biete vielen Bauern einen Zuerwerb, sagt Martin Wilhalm, Vorsitzender des schwabenweit tätigen Kleinbrenner-Verbandes in Lindau. Eine in der EU diskutierte einheitliche Alkohol-Marktordnung würde viele Kleinbrenner zum Aufgeben zwingen, ist er überzeugt. Das, so glaubt Wilhalm, würde auch das Aus vieler ökologisch wertvoller Streuobstwiesen bedeuten, die extensiv und damit im Interesse der Artenvielfalt bewirtschaftet werden.

    Insbesondere im Unteren Landkreis Lindau stellen Obstbauern im Besitz von Brennrechten Spirituosen-Spezialitäten her, die sich gut vermarkten lassen. Der Trend geht nach Angaben Wilhalms hin zu Bodensee-Obstler ­ aus Birnen und Äpfeln sowie zum Williams-(Birnen)-Schnaps.

    Beim Allgäuer Löwenzahn-Frühling am kommenden Wochenende werden neben den Lindauer Weinbauern, die 26 Hektar Rebfläche im bayerischen Bodensee-Raum bewirtschaften, auch die Obstbauern ihre hochprozentigen Tropfen anbieten.

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