Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

40 Gärtner und kein Garten

Kaufbeuren

40 Gärtner und kein Garten

    • |
    • |

    Verbergen will Ioannis Tsimopoulos seinen Ärger nicht. "Natürlich lässt mich das nicht kalt, wenn meine Heimat im Chaos versinkt", sagt er. Die griechische Wirtschaft liegt derzeit am Boden, das EU-Mitglied hat sich an den Rand einer Staatspleite manövriert.

    Auch der Gastwirt des Restaurants "Linde" in Kaufbeuren ist von der schlimmen Krise betroffen. Vor einiger Zeit habe er ein Grundstück in Griechenland gekauft, so etwas wie eine Altersvorsorge. "Das hat jetzt viel an Wert und ich damit Geld verloren", erklärt der 50-jährige Familienvater. Jahrzehntelang seien Steuergelder und EU-Mittel schlichtweg in den Sand gesetzt worden. Warum diese Misswirtschaft der griechischen Regierung so lange hingenommen wurde, könne er nicht verstehen: "Es gab aber wohl zuletzt einfach keine Politiker, die das Format hatten, um das Land in eine andere Richtung zu leiten." Zu viele leere Versprechungen eines aufgeblähten Staatsapparates mit reichlich Schikanen hätten nun diese desolaten Staatsfinanzen zurückgelassen. Diese Situation sei "von oben" heraufbeschworen worden, eine politisch hausgemachte Misere, erläutert Tsimopoulos.

    Das Dilemma sei jedoch auch eine Frage der griechischen Mentalität, meint Kosta Stogiannis, Besitzer eines Kaufbeurer Copy-Shops. "Irgendwie wird es schon immer gehen, denkt man. Und plötzlich kommt dann der Tag X und man steht hilflos da." Zudem sei Geld in Massen verschwendet worden. "40 Gärtner in einer Athener Klinik einzustellen, die gar keinen Garten besitzt: Das soll mir mal jemand erklären", fordert er.

    Dass die Leute auf die Straße gehen, weil die Regierung nun die Reißleine zieht und einen konsequenten Sparkurs mit Gehalts- und Rentenkürzungen sowie Steuererhöhungen fahren will, könne er nachvollziehen. "Das rigorose Sparen ist derzeit wohl die einzige Möglichkeit. Trotzdem finde ich es gut, dass sich die Griechen auch wehren. Das ist nun einmal unser Temperament", so Stogiannis.

    "Zur Vernunft kommen"

    Dennoch sollte diese Frustbewältigung nicht in Randale ausarten, wie es in den vergangenen Tagen teilweise vorgekommen ist, erklärt Nicoletta Arsou, Inhaberin des griechischen Restaurants "Schwabenhof" in Kaufbeuren. "Ich hoffe, dass die Leute zur Vernunft kommen und einsehen, dass sie sich damit doch nur ins eigene Fleisch schneiden." Einen Grund für das ökonomische Fiasko sieht sie darin, dass es zu viele "Superreiche" in dem Mittelmeerstaat gebe, die über ihre Verhältnisse lebten. "Die haben große Villen und dicke Autos, geben aber 600 Euro Monatsgehalt an. Das kann es nicht sein", sagt die in Deutschland geborene Griechin.

    Der Sparkurs der Regierung sei in ihren Augen ein guter Anfang, werde aber keineswegs ausreichen: "Wir brauchen hier ein verschärftes Finanzsystem mit besseren Kontrollen."

    Zumindest ist mit der Tourismusbranche einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des Landes bislang nur geringfügig betroffen. "Wir merken noch nicht, dass die Reiselust nach Griechenland abnimmt", bestätigt Volker Kollmeder vom gleichnamigen Kaufbeurer Reisebüro. Schließlich ändere eine derartige Krise auch nichts an der Gastfreundlichkeit. "Ganz im Gegenteil, die Griechen freuen sich noch mehr, wenn die Touristen weiterhin kommen und ihnen damit das Vertrauen schenken."

    Wer seinen eigenen kleinen Beitrag dazu leisten wolle, dem Staat wieder auf die Beine zu helfen, der solle über eine Griechenland-Reise nachdenken.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden