Als Dr. Karl Renner 1973 nach Marktoberdorf kam, war er der erste Kinderarzt, der sich in Marktoberdorf niederließ. Am heutigen Tage übergibt der 68-Jährige nun seine Praxis, die er seit 1996 gemeinsam mit Dr. Michael Pätzold führt, an seinen Nachfolger Dr. Markus Lutz (43). Dass sich in fast vier Jahrzehnten Kinder- und Jugendmedizin vieles geändert hat, davon zeugt Renners Rückblick auf seine Wirkenszeit. Klassische Kinderkrankheiten wie Masern oder Windpocken seien dank einer "guten Impfquote" drastisch zurückgegangen. Aber der Druck auf die Kinder nehme zu: Dies zeige sich in der Praxis durch immer mehr psychische Befindlichkeitsprobleme. "Hier besteht ein großer Beratungsbedarf."
Von der Geburt bis zum 17. Lebensjahr hat ein Kind für die so genannten U- und J-Untersuchungen in der Regel 14 Termine beim Kinder- und Jugendarzt. Überprüft wird dabei vorsorglich der allgemeine Gesundheits- und Entwicklungsstand. 60 Prozent der Arbeit des Kinderarztes bestehe, so Renner, aus solch präventiven Aufgaben. 40 Prozent seien akute Erkrankungen. Auffällig sei, dass bei Kindern psychische Auffälligkeiten oder auch psychosomatische Störungen auf dem Vormarsch seien.
Vielfach sozial engagiert
Über seine Tätigkeit als Kinderarzt hinaus betätigt sich Dr. Renner in Marktoberdorf vielfältig sozial. 1980 war er Mitbegründer des deutsch-türkischen Solidaritätsvereins.
Er war mehrere Jahre Vorsitzender des Krankenhausfördervereins, den er mit aus der Taufe hob und in dessen Namen er die Babyschlafsäcke in Marktoberdorf einführte. Er ist für die Bayernpartei im Kreistag vertreten. Außerdem engagiert er sich beim Marktoberdorfer Verein "Müllstadtkinder Kairo" und in der evangelischen Kirche. Er ist Mitglied im Rotary-Club, der in Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation Humedica eine Schule im Kosovo baute. Und er beteiligte sich für die Rotarier an einem Brunnenprojekt in Kenia. Dort, nördlich von Malindi, will er auch im Ruhestand als Arzt in einer Ambulanz "mitten im Busch" zeitweise arbeiten. Erforderliche Zusatzqualifikationen etwa in Tropenmedizin habe er bereits erworben.
Er wird es aber auch genießen, mehr freie Zeit zu haben. Nur zweimal in den 37 Jahren, so sagt er, sei er länger als zwei Wochen in Urlaub gefahren. Auch seine Familie - er hat drei Söhne - habe so manches Mal auf ihn verzichten müssen. Etwa, wenn er am Weihnachtsabend wieder einmal zu einem Hausbesuch gerufen wurde.
Als gebürtiger Oberfranke, der seine Facharztausbildung in Düsseldorf erlangte, habe er sich im Allgäu immer sehr wohl gefühlt. Auch seine Frau, eine gebürtige Kaufbeurerin, stamme von hier. Seine kleinen Patienten lagen ihm offensichtlich sehr am Herzen. Und oft sah er sie später wieder in seiner Praxis, wenn sie selbst schon wieder Mütter oder Väter geworden waren. (sg)