Nein, ein Plagiat werde ihr Aufritt sicher nicht, witzelten die "wilden Wiebr" noch gestern. Denn keine von ihnen habe je bei einem Rathaussturm mitgemacht, viele haben noch nicht mal einen aus der Nähe gesehen, versichern die Lindenbergerinnen, die sich rund um Kulturreferentin Hannelore Windhaber zusammengeschlossen haben.
In der Lindenberger Geschichte ist der heutige Rathaussturm der "wilden Wiebr" eine Premiere, weiß Windhaber. Heute um 17.03 Uhr wird es ernst für Bürgermeister Johann Zeh und seine Gefolgschaft, wenn 26 weiß gekleidete Frauen mit dem Schlachtruf "As goht drunter und drieber mit de Lindenberger Wiebr" das Rathaus in Beschlag nehmen.
Schon länger geistert die Idee für einen Rathaussturm im Kopf von Hannelore Windhaber herum. "Auf dem Lindenberger Weiberfasching habe ich vor zwei Jahren ein paar von den Scheidegger Rathausstürmerinnen getroffen und so entstand der Gedanke, das auch hier zu machen", erzählt Windhaber. Inzwischen sind es 26 Lindenbergerinnen, die das Rathaus stürmen wollen. "Es hat sich zum Selbstläufer entwickelt, am Anfang waren wir nur eine Handvoll", berichtet Windhaber.
Im richtigen Leben sind sie Schülerinnen, Lehrerinnen, Geschäftsfrauen, Bäuerinnen oder Rentnerinnen - im Alter von 19 bis 81 Jahren. "Es ist gut, wenn mal was geschieht hier und ein bisschen Leben in Lindenberg ist", freut sich Fini Hauber auf den Rathaussturm. Ihren Text hat die 81-Jährige schon parat und kann es kaum erwarten: "Einmal im Jahr müssen wir es ja ausleben, dass wir wild sind." Und daran, dass sie wirklich wild sind, lassen die Frauen keine Zweifel aufkommen. Schon am Tag vorher sind die "wilden Wiebr" aufgekratzt, ein bisschen nervös, aber die Ideen sprudeln nur so heraus. Seit Januar haben sich die Frauen immer wieder getroffen, einen Text ausgearbeitet, sich Verkleidungen und einen Ablauf überlegt. "Ich bin gespannt, wie viele Menschen kommen und zuschauen", sagt Stella Zuber.
Die 19-Jährige hat sich sofort für die Idee begeistert. "Obwohl ich zuerst gar nicht genau wusste, was das genau ist."
Was den Weiberfasching angeht, haben Karin Strahl, Susanne Weh und Petra Claus sowie viele der Rathausstürmerinnen schon reichlich Erfahrung. "An diesem Tag ist in Lindenberg wirklich die Hölle los, da passt das richtig gut dazu", sagt Weh, warum sie beim Rathaussturm dabei ist. Darüber, ob heute alles glatt läuft, machen sich die Frauen nur wenig Gedanken. Denn sie sind sich einig, dass es nur auf eines ankommt: "Hauptsache wir haben eine Gaudi."
Sechs der 26 "wilden Wiebr", die heute das Lindenberger Rathaus stürmen: (vorne von links) Stella Zuber, Hannelore Windhaber und Fini Hauber, (hinten von links) Karin Strahl, Susanne Weh und Petra Claus. Foto: Matthias Becker