Am Ende hatte der Richter nicht mehr den leisesten Zweifel: Genau so, wie es schon im Strafbefehl stand, hatte die Tat sich an jenem April-Tag zugetragen. Für den angeklagten 25-Jährigen bedeutete das letztlich 80 statt der im Strafbefehl stehenden 50 Tagessätze - weil er sich einer exhibitionistischen Handlung schuldig gemacht hatte. Sein Opfer: Die 80-jährige Ex-Nachbarin, die sich eigentlich nur nach dem Wohlergehen der Katze des Mannes erkundigen wollte.
Was die Katze angeht, waren sich der 25-Jährige und die 80 Jahre alte Zeugin einig. Vom Ablauf des weiteren Geschehens jedoch lieferten beide verschiedene Versionen. Die des Angeklagten: Bei der Heimkehr von der Disco habe er die alte Dame morgens um 8 Uhr getroffen und sie mit in seine Wohnung genommen, um ihr die Katze zu zeigen. Und um zu bekräftigen, dass er das Tier auch gut behandle, habe er der Nachbarin gleich noch demonstriert, wie er die Mieze immer massiere. Als die Frau dann die Wohnung verlassen wollte, sei er ins Schlafzimmer gegangen und habe sich ausgezogen. Plötzlich sei die Rentnerin jedoch vor ihm gestanden. Er habe sich sofort einen Bademantel geschnappt und seine Blöße verdeckt. Dann sei die Nachbarin gegangen. Er vermute ja, dass die 80-Jährige ihn wegen diverser lautstarker Partys loshaben wollte, sagte der junge Mann.
Niemals habe es Probleme gegeben, beteuerte die Seniorin und erzählte, was aus ihrer Sicht passiert war. Sie habe bei dem Nachbarn geklingelt, um die Katze zu sehen. So sei es auch geschehen, doch dann habe der Nachbar sie um eine Massage gebeten. "Ich habe ihm gesagt, er soll zum Arzt gehen", erzählte die Rentnerin und auch, dass ihr Nachbar im Schlafzimmer verschwunden sei - mit der Bitte an sie, kurz zu warten. Mit heruntergelassener Hose und offensichtlich in freudiger Erwartung sei er wieder erschienen und habe erneut eine Massage verlangt. "Da war ich total geschockt und bin auf und davon", schilderte die sichtlich aufgebrachte Frau.
"Einen Schmarrn erzählt"
Nicht nur, dass der 25-Jährige "einen Schmarrn erzählt", sondern durch seinen Einspruch gegen den Strafbefehl eine alte Frau dazu gezwungen habe, vor Gericht zu erscheinen "und mit zitternden Händen" unangenehme Details zu offenbaren, brachte wiederum den Richter gegen den jungen Mann auf. Zu allem Übel habe er die Seniorin nämlich einer Straftat - der falschen Verdächtigung - bezichtigt.
Bevor das Urteil verkündet wurde, beantragte der Verteidiger des 25-Jährigen eine Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl. Damit ging es letztlich nicht um Schuld oder Unschuld, sondern lediglich um die Höhe der Strafe. 50 Tagessätze à 30 Euro wollte der Verteidiger erreichen. Der Vorsitzende sah das anders: 80 Tagessätze à 31 Euro verhängte er und folgte damit fast der Forderung des Staatsanwalts.
Der hatte für den arbeitslosen Kfz-Mechaniker 90 Tagessätze gefordert. Gegen das Urteil kann der Mann Berufung einlegen.